William Forsythe lässt tanzen
ESSEN Das choreographische Zentrum PACT Zollverein in Essen hat eine neue Eingangssituation. Auf einer frisch gegossenen und abends hell angestrahlten Betonplatte vor der großen Tür sind Kreidekästchen aufgemalt. Entwickelt hat die Zeichnung William Forsythe, einer der einflussreichsten zeitgenössischen Tanz-Choreographen. Sie bildet ein „Choreographisches Objekt“und ist Teil von Forsythes Zusammenarbeit mit PACT Zollverein und dem Museum Folkwang im NRW-Programm „Konstellationen“.
Von Forsythe war nun auch die Uraufführung „Neighbours“zu erleben, in der sich die Tänzer Rauf Yasit und Brigel Gjoka begegnen. Die Choreographie ist zwar inspiriert von Forsythe, er hat sie auch begleitet. Erarbeitet haben sie allerdings die Tänzer allein. Rauf Yasit nennt sich auch RubberLegz, weil er seinen Körper bewegen kann wie Gummi. Er ist Autodidakt und kommt vom Straßentanz. Brigel Gjoka ist ausgebildeter Balletttänzer und war fünf Jahre Teil von Forsythes Kompanie. Ihr Pas de deux wirkt wie eine improvisierte Begegnung. Häufig wiederholte Motive sind Handzeichen,
Körper, die sich durch Handschläge in Bewegung setzen, oder kapriziöse Handhaltungen, die wie eine Persiflage auf Ballettstellungen wirken. Es ist spannend, wie sich hier Tanz-Sprachen begegnen und voneinander lernen: Das Steife wird flüssig, das Geschlossene offen.
Dass „Neighbours“ohne Licht, Ton und mit minimalsten Bühnenanforderungen auskommt, ist auch ein Kommentar zu Einsparungen in der Kulturlandschaft: „In der Zukunft müssen choreographische Arbeiten ohne Ressourcen auskommen und überall spielbar sein“, sagt Forsythe.