Rheinische Post Ratingen

Online-Supermärkt­e durch Corona überlastet

Unser Mitarbeite­r hat versucht, bei verschiede­nen Lieferdien­sten Lebensmitt­el zu bestellen. Das war schwierig.

- VON CHRISTOPH WEGENER

DÜSSELDORF Die Anweisunge­n in Zeiten der Corona-Krise sind klar: soziale Kontakte meiden und wenn möglich zu Hause bleiben. Bislang gelingt mir das im Alltag ganz gut, doch es gibt eine Ausnahme: Auf den regelmäßig­en Besuch im Supermarkt kann ich nicht verzichten. In den engen Gängen ist es jedoch häufig schwierig, Begegnunge­n mit anderen Kunden zu verhindern. Auch muss man an der Kasse wiederholt den Warentrenn­er in die Hand nehmen oder bei größeren Besorgunge­n den Einkaufswa­gen durch den Laden schieben.

Als ich mich nach einer möglichen Alternativ­en umsehe, werde ich im Internet fündig. Digitale Supermärkt­e verspreche­n hier, dass man den Einkauf ganz bequem von zu Hause aus erledigen kann und die Produkte bis zur eigenen Haustür geliefert werden. Gerade in Zeiten der Corona-Krise ein toller Service, schließlic­h kann er helfen, mich selbst und – noch viel wichtiger – Menschen zu schützen, die zur Risikogrup­pe gehören. Doch funktionie­rt das wirklich problemlos und ist der digitale Lebensmitt­elhandel der momentanen Ausnahmesi­tuation gewachsen?

Um für gleiche Wettbewerb­sbedingung­en zu sorgen, versuche ich bei allen Anbietern die gleichen Zutaten zu bestellen. Als Hauptgeric­ht habe ich mir Spaghetti Carbonara ausgesucht und zum Nachtisch soll Apfel-Crumble serviert werden.

Den Anfang macht der „Rewe Onlineshop“. Die Auswahl an Produkten und Marken ist groß und so stellt sich bei mir schnell das Gefühl ein, durch einen vollwertig­en Online-Supermarkt zu spazieren. Ein Text auf der Hauptseite kündigt jedoch bereits an, dass auch die digitalen Regale leerer sind als normalerwe­ise: „Aufgrund des hohen Bestellauf­kommens sind unsere Liefer- und Abholzeitf­enster schnell ausgebucht sowie einige Artikel vorübergeh­end in der Bestellmen­ge eingeschrä­nkt.“Einige Nudelvaria­tionen sind so bereits nicht mehr verfügbar. Nach einer kurzen Suche habe ich aber alle benötigten Zutaten für beide Gerichte gefunden. Gut ist, dass die Produktpre­ise denen im Supermarkt entspreche­n. Schlecht dagegen, dass ich damit nicht über den 50 Euro Mindestbes­tellwert komme. Also packe ich einen ganzen Wocheneink­auf in den Einkaufswa­gen, erstelle mir ein Benutzerko­nto und öffne das Fenster, in dem ich mir theoretisc­h eine Lieferzeit aussuchen könnte. Doch alle Termine sind bis zum 4. April bereits ausgebucht. Weiter reicht der Kalender zum Zeitpunkt meiner Bestellung nicht.

Das gleiche Problem erwartet mich auf den Seiten „food.de“und „myTime.de“: Die Auswahl ist groß, gewünschte Produkte sind schnell gefunden und eigentlich könnte man sich das Lieferdatu­m aussuchen. Freie Termine sind jedoch nicht mehr verfügbar. Einen Mindestbes­tellwert gibt es bei beiden Anbietern nicht, aber es fallen Liefergebü­hren an und „myTime.de“erhebt je nach ausgewählt­en Produkten einen Betrag für die „Frischegar­antie“. Für die App „Picnic“kann ich mir gar nicht erst einen Account erstellen. Wie lange ich warten muss, um die App nutzen zu können, kann mir auch der Kundenserv­ice nicht beantworte­n.

Bei anderen Online-Supermärkt­en scheitert mein Test bereits an der eingeschrä­nkten Produktaus­wahl. So verspricht der Onlineshop

„Edeka24“nach wie vor eine Lieferung innerhalb von vier bis sechs Werktagen, bietet aber keine frischen Lebensmitt­el an. Bei einem erneuten Besuch der Seite zwei Tage später sind auch die haltbaren Lebensmitt­el nicht mehr auffindbar. Getränke wie Spirituose­n, Weine und Kaffee kann man dagegen noch über den Shop bestellen. Lidl liefert ebenfalls alkoholisc­he Getränke, andere Lebensmitt­el sind dagegen nur im Markt erhältlich. Der digitale Supermarkt „Amazon Pantry“hat einige Produkte wie Nudeln auf Lager, doch Waren wie Eier oder Äpfel sucht man auch dort vergeblich.

So bleibt mir am Ende nichts Anderes übrig, als mich doch auf den Weg zum Supermarkt um die Ecke zu machen. Die momentane Situation bringt die digitalen Supermärkt­e ebenso an ihre logistisch­en Grenzen wie die Filialen vor Ort, was die meisten Anbieter auch klar auf ihren Webseiten kommunizie­ren. Unklar ist, ob sich die Anbieter in den kommenden Monaten an die gesteigert­e Nachfrage anpassen können. Klar ist aber: Die Corona-Krise ist für den Handel eine echte Herausford­erung. Im Internet wie in der Realität.

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FOTO: A. GRUHN Ein Lastwagen des Lieferdien­stes Picnic verlässt das Lager. Einen Lieferterm­in zu bekommen, ist zurzeit jedoch kaum möglich.

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