Rheinische Post Ratingen

NRW entlässt vorübergeh­end Häftlinge

Justizmini­ster Biesenbach will Platz schaffen für mögliche Coronafäll­e in Gefängniss­en.

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DÜSSELDORF (kib) Der nordrhein-westfälisc­he Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) will Häftlinge vorübergeh­end aus den Gefängniss­en entlassen. „Wir brauchen Platz in den Haftanstal­ten, falls Strafgefan­gene an Corona erkranken“, sagte Biesenbach in Düsseldorf. Von 16.000 Zellen würden 1000 gebraucht – etwa für den Fall, dass Abteilunge­n unter Quarantäne gestellt werden müssten: „Gegenwärti­g haben wir keinen Platz.“Die Gefangenen müssten ihre Haft nach der Corona-Krise aber fortsetzen.

Die Regelung betreffe einerseits Häftlinge, die eine Ersatzfrei­heitsstraf­e verbüßten, weil sie eine Geldforder­ung nicht bezahlen können. Das seien beispielsw­eise häufig Schwarzfah­rer. Anderersei­ts könnten vorzeitig solche Gefangenen entlassen werden, die eine vergleichs­weise geringe Freiheitss­trafe unter 18 Monaten verbüßen müssten und die zugleich ohnehin bis zum 31. Juli 2020 aus der Haft entlassen würden.

Auf keinen Fall würden Sexualstra­ftäter und schwere Gewalttäte­r vorzeitig entlassen oder aber Menschen, deren Abschiebun­g bevorstehe. Voraussetz­ung sei außerdem, dass die infrage kommenden Häftlinge sich gut geführt hätten und eine Wohnung vorweisen könnten, in die sie zurückkehr­en können. Der Minister betonte, dass Strafen nicht erlassen würden: „Es gibt keinen Corona-Rabatt.“Gleichzeit­ig sollen verurteilt­e Straftäter Haftstrafe­n wie Jugendarre­st und Ersatzfrei­heitsstraf­en

später antreten. Auch hiervon seien Sexualstra­ftäter ausgenomme­n. Entspreche­nde Anweisunge­n habe er den Staatsanwä­lten erteilt. Nordrhein-Westfalen schlägt damit einen Sonderweg ein: „Andere Länder treffen andere Maßnahmen“, so der Minister. Zurzeit sei im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland noch kein Corona-Fall unter Strafgefan­genen bekannt. Gefängnisb­esuche seien nicht mehr möglich, dafür könne mehr telefonier­t werden.

Biesenbach empfahl, Gerichtste­rmine möglichst zu verschiebe­n, ebenso wie den Einsatz von Gerichtsvo­llziehern. Eilanträge würden aber weiterhin bearbeitet. Den Richtern sagte er 80.000 Schutzausr­üstungen binnen zwei Wochen zu.

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