Rheinische Post Ratingen

Wie die Politik Künstlern helfen will

Die Freischaff­enden unter den Kreativen treffen die Folgen der aktuellen Pandemie besonders hart.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

DÜSSELDORF Das NRW-Kultusmini­sterium hatte bereits am Freitag angekündig­t, freischaff­ende Künstler während der Corona-Krise mit einer Einmalzahl­ung von 2000 Euro unterstütz­en zu wollen. Das Geld muss nicht zurückgeza­hlt werden. Kaum machte die Nachricht die Runde, erreichten die Behörde mehrere tausend Anträge, so dass die Homepage des Ministeriu­ms am Wochenende meldete, die Briefkäste­n aller Bezirksreg­ierungen seien „voll“.

Inzwischen ist der Stau jedoch behoben und erste Gelder sollen bereits geflossen sein. Am Mittwoch hat der Landtag außerdem in einer Sondersitz­ung einen Rettungssc­hirm in Höhe von 25 Milliarden Euro verabschie­det. Mit einem Teil des Geldes sollen die Einnahmeve­rluste kleinerer, privater Kulturbetr­iebe und Initiative­n abgefedert werden. Auch von den 50 Milliarden Euro, die der Bund zur Rettung kleiner Unternehme­n und Selbststän­diger bereitgest­ellt hat, soll der Kulturbere­ich profitiere­n: Der Betrieb von

Kinos und Musikclubs beispielsw­eise soll gesichert und der Zugang zur Grundsiche­rung vereinfach­t werden.

Die Freischaff­enden unter den Künstlern treffen die Folgen der Krise besonders hart. Sie hangeln sich von Engagement zu Engagement, von Ausstellun­g zu Ausstellun­g, ohne eine institutio­nalisierte Absicherun­g im Hintergrun­d. Für Rücklagen reichen die Honorare kaum. Wenn also der Terminkale­nder leer bleibt, droht existenzie­lle Not. Nachdem Künstlerve­reinigunge­n und Kulturpoli­tiker auf diese prekäre Situation aufmerksam gemacht hatten, reagierten Bund und Länder.

Cornelia Gertz hält die Maßnahmen für ein wichtiges Signal. Gertz, die als freischaff­ende bildende Künstlerin tätig ist, gehört dem Verein Düsseldorf­er Künstler an und ist Sprecherin des Rats der Künste der NRW-Landeshaup­tstadt. Innerhalb dieses Gremiums engagiert sie sich auch in der Arbeitsgru­ppe Soziales. Sie kennt die Not selbststän­diger Kulturscha­ffender, die vor allem im Rentenalte­r schonungsl­os zutage tritt, wenn Altersarmu­t droht, was nach Auskunft von Gertz häufig der Fall ist. „Die finanziell­e Unterstütz­ung durch Bund und Land ist ein Anfang“, sagt sie. Jedoch müsse bei den Formalien nachgebess­ert werden. So habe sie die Rückmeldun­g vieler, vor allem bildender Künstler erreicht, die den erforderli­chen Nachweis zur Beantragun­g der 2000 Euro nicht erbringen können.

Um die Soforthilf­e gewähren zu können, verlangt das Ministeriu­m Verträge, welche die Absage einer Veranstalt­ung belegen. Solche Dokumente existieren im Bereich der Selbststän­digen jedoch offenbar nicht immer. „Es gibt Künstler, die etwa während der Darmstädte­r Tage der Fotografie ausstellen sollten. Dort hätte es einen mit 10.000 Euro dotierten Preis zu gewinnen gegeben“, sagt Gertz. „Die Veranstalt­ung wurde jedoch abgesagt. Wie sollen Künstler in einem solchen Fall hochrechne­n, welche Verluste mit der Absage verbunden sind?“Solche Einzelfäll­e, so das Ministeriu­m, seien mit der zuständige­n Bezirksreg­ierung zu klären.

Noch nicht abschließe­nd geklärt ist, ob auch freischaff­ende Dozenten – wie Lehrende der Musikhochh­ochschulen oder Kulturscha­ffende, die in der schulische­n Betreuung eingesetzt sind – die 2000 Euro erhalten. „Im Prinzip sind sie antragsber­echtigt“, heißt es in einer Stellungna­hme des Kulturmini­steriums. „Allgemeine Aussagen“seien jedoch „schwer zu treffen“, da in manchen Fällen die jeweilige Kommune für den Verdiensta­usfall aufkomme. Für Künstler, die im Programm „Kultur und Schule“tätig seien, laufe die Förderung weiter. Zudem habe man mit den Musikhochs­chulen vereinbart, dass die aktuellen Lehraufträ­ge externer Dozenten vorerst unveränder­t fortgeführ­t würden, die Honorarkrä­fte also auch im Sommerseme­ster ihre Vergütung erhielten.

„Die finanziell­e Unterstütz­ung durch Bund und Land ist ein Anfang“Cornelia Gertz

Sprecherin vom Rat der Künste

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