Eon kaserniert Netz-Mitarbeiter
14.000 Beschäftigte sorgen dafür, dass trotz Corona-Krise der Strom fließt. Die Eon-Bilanz wird nur kurzfristig getrübt. Eon-Aktie legt kräftig zu
ESSEN Auf den ersten Blick scheint die Corona-Krise der Energiewirtschaft nicht viel anzuhaben: Homeoffice, Videokonferenzen, Streaming – überall wird Strom gebraucht. Doch zugleich fährt die Industrie, die für die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs steht, Werke herunter. Auch der Energiekonzern Eon erwartet daher, dass die Krise „sichtbare Spuren“in der Bilanz hinterlässt. „Die Ertragskraft der Netze wird belastet“, sagte Konzern-Chef Johannes Teyssen bei der Online-Vorstellung der Bilanz 2019. „Keiner weiß, wie lang und tief die Krise wird. Aber Eon wird sie besser meistern als andere, weil wir die Weichen früh gestellt haben.“
Zugleich sagte er eine sichere Stromversorgung zu: „Viele Regierungen sind wegen der Corona-Krise besorgt. Ich habe versprochen, dass man sich auf Eon verlassen kann. Wir halten den essenziellen
Geschäftsbetrieb aufrecht.“Dazu lasse Eon Mitarbeiter auch in „kasernierungsartigen“Umständen arbeiten, sagte Teyssen. Insgesamt seien 14.000 der 75.000 Kollegen vor Ort im Einsatz – um Störungen zu beseitigen oder in Netzleitstellen zu arbeiten. Diese seien rund um die Uhr besetzt. Eon hat Unterkünfte in der Nähe der Netzleitstellen eingerichtet, in denen die Mitarbeiter unterkommen können. Teams seien zudem aus Gründen des Infektionsschutzes getrennt. „Das ist eine Zumutung, wir sind den Mitarbeitern zu großem Dank verpflichtet“, so Teyssen.
Bei Eon sind bislang 37 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert, viele seien aus dem Skiurlaub zurückgekommen. Aber es gebe zum Glück keine schweren Verläufe, so Teyssen. 1500 Mitarbeiter seien vorsichtshalber in Quarantäne.
Eon ist in Europa der größte Netzbetreiber und hat 50 Millionen Kunden. „Wir haben uns verpflichtet, keine Abschaltung von Kunden vorzunehmen, die wegen der Corona-Krise in finanzieller Bedrängnis sind“, betonte Teyssen.
Sein Finanzchef Marc Spieker erläuterte, warum die Krise Eon dennoch nur begrenzt belastet: 80 Prozent der Erträge stammen aus dem staatlich regulierten Netzgeschäft, nur 20 Prozent aus dem Kundengeschäft. Nicht genutzte, aber vom Staat erlaubte Einnahmen dürfen später realisiert werden, so sähen es die Spielregeln für das Netzgeschäft vor. „Auf mittlere Sicht erwarten wir daher keine Auswirkungen“, so Spieker. „Wir erwarteten verspätete Zahlungen der Kunden und Verzögerungen bei Investitionen, aber das sind vorübergehende Effekte.“
2019 stieg der Umsatz um mehr als zehn Milliarden auf 41 Milliarden Euro, im Herbst hatte der Konzern die RWE-Tochter Innogy übernommen. 420 Millionen Gewinn lieferte Innogy ab. Der bereinigte Konzernüberschuss von Eon erreicht mit 1,5
Gewinn Eon machte 2019 rund 3,0 Milliarden Euro Gewinn
(Ebit): 1,9 Milliarden im Netzgeschäft, 400 Millionen im Vertrieb.
Aktie Seit Ankündigung der Innogy-Übernahme 2018 ist die RWE-Aktie stark gestiegen, die Eon-Aktie dagegen kaum. Am Mittwoch legte sie in der Spitze um elf Prozent zu auf 9,32 Euro.
Milliarden Euro das Niveau des Vorjahres.
Nach fünf Jahren Umbauarbeit sieht Teyssen die Neuaufstellung seines Konzerns als abgeschlossen an. Der Umbau begann mit der Abspaltung der Kraftwerke in das Düsseldorfer Unternehmen Uniper und endet nun mit der Integration von Innogy. Eon betreibt das Netz- und Vertriebsgeschäft, RWE die konventionelle und Ökostrom-Erzeugung. Unlängst hat die letzte Innogy-Hauptversammlung beschlossen, die verbleibenden Aktionäre gegen Zahlung einer Zwangsabfindung hinauszudrängen (Squeeze Out). 40 bis 50 Widersprüche gebe es, man erwarte die üblichen Klagen. „Ich gehe von September aus für den Abschluss des Squeeze Out“, so Teyssen.
Eon will, wie geplant, für das vergangene Jahr 46 Cent je Aktie zahlen, zuvor waren es 43 Cent. In den kommenden Jahren soll die Gewinnbeteiligung weiter zunehmen. Für das laufende Jahr erwartet der Konzern, dass der Überschuss auf 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro zulegt. Darin sind die Effekte der Corona-Krise allerdings noch nicht berücksichtigt. Die Eon-Aktie kletterte nach Vorlage der Bilanz zeitweise um elf Prozent nach oben und war damit der stärkste Wert im Dax.
Eon treibt auch den Stellenabbau voran: „Wir halten am Ziel fest, bis zu 5000 Stellen abzubauen, und sind dazu weiter in Verhandlungen mit der Mitbestimmung“, so Teyssen. Zur Verteilung auf die Standorte ist bisher nur bekannt, dass in Essen und Dortmund jeweils bis zu 800 Stellen wegfallen.
Und der Konzern setzt auf den Durchbruch der Elektromobilität. Der US-Konzern Tesla habe Eon den Auftrag gegeben, die Energie für die neue Gigafabrik in der Nähe von Berlin zu liefern. „Das muss in 18 Monaten klappen, trotz Corona-Krise. Das werden wir schaffen“, versprach Teyssen.