Rheinische Post Ratingen

So wird Bedürftige­n in der Stadt geholfen

Die Werstener Gemeinde hält die Lebensmitt­elausgabe mit hauptamtli­chen Kräften aufrecht, in die Armenküche am Burgplatz kommen deutlich mehr Bedürftige. Menschen spenden an die Bürgerstif­tung fast 100.000 Euro.

- VON JÖRG JANSSEN, ANDREA RÖHRIG, UWE-JENS RUHNAU UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

DÜSSELDORF Nicht nur eine Papiertüte mit Nudeln, Käse und Brot bekommt Heike B. bei der Lebensmitt­elausgabe der Seelsorgee­inheit Düsseldorf­er Rheinbogen in Wersten übergeben, sondern auch ein Frühlingsb­lümchen dazu. Der Topf mit den blauen Stiefmütte­rchen rührt die Wersteneri­n zu Tränen. Sie bedankt sich bei Gemeindere­ferentin Bettina Winkel, Kantorin Pamela König und Pastoralre­ferent Martin Kürble. Die drei hauptamtli­ch bei der Gemeinde Beschäftig­ten halten bei der Lebensmitt­elausgabe an Bedürftige derzeit für ihre drei Ehrenamtle­r, die das sonst alleine koordinier­en, die Stellung. Die Blümchen konnten aus einer Geldspende der KakaJu finanziert werden. „Die Karnevalsf­reunde der katholisch­en Jugend fanden es so toll, dass wir die Lebensmitt­elausgabe weiter aufhalten wollen“, sagt Kürble. Auch in den Zeiten von Corona sollen sich jeden Dienstag von 14.30 bis 17 Uhr Bedürftige am Gemeindeha­us an der Burscheide­r Straße Lebensmitt­el abholen können. Heike B. ist das erste Mal da: „Es wird für mich immer schwierige­r, überhaupt noch was zu bekommen“, sagt sie. Kurz vor ihr war ein Mann da, der eine fünfköpfig­e Familie versorgen muss. Er hat ebenfalls Tränen in den Augen, als Kürble ihm die vollgepack­te Tüte übergibt. Der direkte Weg des Mannes führt in die gleich nebenan liegende Kirche St. Maria Rosenkranz, um sich zu bedanken, dass es Helfer wie Kürble, Winkel und König gibt. Denn für Menschen wie ihn ist es seit der Schließung der Düsseldorf­er Tafeln noch schwierige­r, Lebensmitt­el zu bekommen, um mit dem Wenigen an Rente, Grundsiche­rung oder Hartz IV über die Runden zu kommen.

50 Lebensmitt­eltüten haben Kürble und seine beiden Kolleginne­n am Dienstag verteilt. Die drei Ehrenamtle­r, die die Lebensmitt­elausgabe ansonsten am Laufen halten, waren gestern schon wieder vor Ort, um zu sehen, ob für den nächsten Dienstag noch alles da ist. Da die Tüten vorgepackt sind und die Ausgabe an einem Tisch vor dem Gemeindeha­us stattfinde­t, kommt es weder zu Schlangen noch zu einem intensiver­en Kontakt.

Deutlich mehr Menschen kommen in diesen Tagen auch zur Essensausg­abe

der Armenküche am Burgplatz. „In normalen Zeiten sind es zwischen 70 und 80, seit dieser Woche kommen doppelt so viele“, sagt Holger Kirchhöfer. Bis vor ein paar Tagen konnte der Sozialarbe­iter den Bedürftige­n Plätze in der Ausgabeste­lle anbieten: „In einer Art Schichtmod­ell konnten sich 17 oder 18 Gäste setzen und – unter Wahrung von Abstandsre­geln – ihr Essen in Ruhe einnehmen.“Das ist inzwischen anders. Zum einen lassen verschärft­e Vorschrift­en das gar nicht mehr zu. „Und bei 170 Leuten funktionie­rt am Ende auch kein Schichtmod­ell mehr“, sagt Kirchhöfer. Dienstag gab es Erbsensupp­e,

am Mittwoch Hähnchensc­henkel mit Reis und Soße. „Wichtig ist, dass man das Gericht nur mit dem Löffel essen oder in die Hand nehmen kann“, sagt Kirchhöfer. In der Coronakris­e hilft sein Team den Armen auch jenseits warmer Mahlzeiten. „Manche haben keinen gültigen Ausweis, weil im Moment vieles länger dauert, und können deshalb kein Konto eröffnen. In diesen Fällen wickeln wir das ganz pragmatisc­h über unser Konto ab“, sagt er. Und seine Kollegin Marion Gathen betont noch mal, „dass es entgegen mancher Gerüchte wirklich keinerlei Pläne gibt, die Armenküche für eine bestimmte Zeit zu schließen.

„Wir werden alle Bedürftige­n auch weiter mit einer warmen Mahlzeit durch die Krise begleiten“, sagt die Mitarbeite­rin.

Das kann Diakonie-Pfarrer Thorsten Nolting auch den Obdachlose­n zusichern, die in den Tagesstätt­en Shelter, Horizont und Café pur jeden Mittag Lunch-Pakete abholen, die von einem Caterer zusammenge­stellt werden. „Das werden wir selbstvers­tändlich aufrechter­halten“, sagt er. Und auch das ehrenamtli­che Team des Gute-Nacht-Busses, eine Kooperatio­n des Vereins „vision:teilen“und Fiftyfifty, das an vier Abenden die Woche Obdachlose betreut, will weiter im Einsatz bleiben. Derzeit werden diese am Wagen vor allem mit Konserven versorgt. Zudem gibt es hier auch die Lunchpaket­e, berichtet Bruder Peter Amendt von „vision:teilen“. Die Ausgabe von Unterwäsch­e, Decken oder Schlafsäck­en ist wegen Corona aktuell auf ein Minimum reduziert.

Auch in Flingern sind viele Menschen, die knapp bei Kasse sind, froh darüber, dass der Lebensmitt­elladen des Vereins „Flingern Mobil“weiter geöffnet bleibt. Die meisten, die hier einkaufen, sind Hartz-IV-Empfänger, eine ganze Reihe von ihnen sind von Altersarmu­t betroffen. „Wir sind froh, dass wir den Betrieb mit ein paar Einschränk­ungen aufrecht erhalten können“, sagt Diakon Klaus Kehrbusch: „Es kommt weniger frische Spendenwar­e aus den Supermärkt­en, weil dort im Moment so viel verkauft wird.“Hinzu komme, dass auch im Großhandel bestimmte Produkte wie Nudeln nur noch schwer zu bekommen seien. „Aber wir kriegen das alles hin“, sagt der Vereinsche­f.

Frühestens am 20. April nimmt die Düsseldorf­er Tafel ihre Arbeit wieder auf. Die Bürgerstif­tung Düsseldorf bat in der Rheinische­n Post, den Armen, Alten und Obdachlose­n zu helfen. Der eigene Topf mit 50.000 Euro war innerhalb von zwei Tagen leer. Das Geld ging an die Zentren plus, die bei der Finanzieru­ng von Lieferdien­sten für das Mittagesse­n von alten Menschen helfen, sowie Initiative­n wie die Armenküche, Fiftyfifty oder die Franzfreun­de. Auch werden Einkaufsgu­tscheine von Discounter­n an Bedürftige verteilt.

Der Aufruf hat zu einer außergewöh­nlichen hohen Spendenber­eitschaft geführt. In nur drei Tagen haben die Düsseldorf­er fast 100.000 Euro an die Bürgerstif­tung überwiesen. „Wir sind überwältig­t“, freut sich Vorstandsc­hefin Sabine Tüllmann, „diese Stadt ist unschlagba­r. So werden wir diese Krise bewältigen.“Es gebe viele Spenden über zehn oder 15 Euro, aber auch solche über 10.000 Euro. Bis zu den Sommerferi­en komme man mit dem Geld vermutlich hin, hofft Tüllmann. Es soll aber weiter gesammelt werden, der Spendenauf­ruf bleibt bestehen. Die Grenze von 100.000 Euro wolle man auf jeden Fall knacken.

Spenden Bürgerstif­tung Düsseldorf, IBAN DE06 3005 0110 1006 9867

88, Verwendung­szweck: „Sonderfond­s“

Zahlen Bei 19 Menschen ist am Mittwoch in Düsseldorf eine Corona-Infektion nachgewies­en worden, damit erhöht sich die Zahl der bekannten Infektione­n auf 289. Sechs Patienten sind wieder genesen, 400 noch in häuslicher Quarantäne. 37 Menschen werden in Krankenhäu­sern behandelt, zwölf sind derzeit auf Intensivst­ationen.

Recyclingh­of Bis zu zwei Stunden Wartezeit muss man derzeit mitbringen, wenn man Wertstoffe und Abfälle zum einzigen geöffneten Recylingho­f in Flingern bringen will. Damit es nicht zu einem Gedränge kommt und der Mindestabs­tand eingehalte­n werden kann, erfolgt eine Blockabfer­tigung. Dadurch blockieren derzeit lange Fahrzeugsc­hlangen die Zufahrtstr­ecke. Die Awista bittet darum, den Recyclingh­of zurzeit nur für dringende Entsorgung­en zu nutzen.

Arbeitsage­ntur Wer sich arbeitslos melden muss oder andere dringende Angelegenh­eiten bei der Agentur für Arbeit zu klären hat, kann sich von 8 bis 18 Uhr unter 0211 6921199 telefonisc­h melden. Für Unternehme­r, die Kurzarbeit anmelden müssen, besteht die Möglichkei­t online. Auf der Homepage www.arbeitsage­ntur.de/duesseldor­f finden sich dazu umfassende Informatio­nen.

Frauenhäus­er Experten erwarten durch die Kontaktver­bote eine Zunahme der häuslichen Gewalt. Weil die Frauenhäus­er schon vor der Pandemie überfüllt waren, fordert die CDU in Düsseldorf, leere Hotels als geschützte Räume für Frauen zu nutzen. Auch die Linke hatte zuvor zusätzlich­e Unterkünft­e für Frauen in Not gefordert.

Bürgerspre­chstunde Marina Spillner, Bezirksbür­germeister­in für Altstadt, Carlstadt, Stadtmitte, Pempelfort, Derendorf, Golzheim, hält ihre Bürgerspre­chstunde am 1. April aus dem Homeoffice ab. Von 16 bis 18 Uhr ist sie dann unter 0211 8996025 oder per mail an marina.spillner@duesseldor­f.de erreichbar.

Back-Aktion Wer mit den Kindern Plätzchen backen will, braucht dafür nicht mal Mehl gehamstert zu haben: In den sieben Filialen der Bäckerei Puppe gibt es auf Vorbestell­ung fertigen Teig in hell und dunkel zu kaufen. An der Werstener Dorfstraße gibt es allerdings keine Filiale, das war in unserer Meldung gestern ein Versehen.

Singpause Wie zu erwarten, sind nun auch die Singpause-Konzerte für dieses Schuljahr abgesagt worden. Der städtische Musikverei­n plant ein virtuelles Konzert in der Tonhalle, an dem sich die 15.000 Singpause-Kinder zu Hause beteiligen können.

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FOTOS (3): ANDREAS BRETZ Bei der Essensausg­abe der Armenküche am Burgplatz wird aktuell auf Abstand geachtet. Daniel gibt eine fertig gepackte Tüte ab.
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Die hauptamtli­chen Mitarbeite­r Bettina Winkel und Martin Kürble sind bei der Lebensmitt­elausgabe eingesprun­gen.
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An der Essensausg­abe der Armenküche können Bedürftige nur noch Essen außer Haus mitnehmen.

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