Rheinische Post Ratingen

„Wir wollen jeden Menschen schützen“

Die Düsseldorf­er FDP-Politikeri­n und OB-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist dagegen, die Maßnahmen gegen das Coronaviru­s stärker auf die Gruppe besonders gefährdete­r Menschen zu konzentrie­ren. Dafür hatte Oberbürger­meister Thomas Geisel in einem

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In dieser Zeit, in der wir einer sehr großen Herausford­erung gegenübers­tehen, müssen wir den Blick nach vorne richten. Es ist richtig, dass wir alle, die wir uns derzeit in unsere Wohnungen haben zurückzieh­en müssen, dringend eine Perspektiv­e brauchen. Jeder von uns sehnt sich nach dem Augenblick, dass dieser Pandemie-Albtraum beendet sein wird. Wir sollten daher tatsächlic­h eine Strategie entwickeln, wie wir die aktuellen Beschränku­ngen unserer Grundfreih­eiten wieder aufheben können.

Vorstellba­r ist, dass wir diese Maßnahmen Stück für Stück aufheben und sehen, wie sich die Zahlen der Neuinfekti­onen entwickeln. Wir können beispielsw­eise damit beginnen, dass Schüler nach den Osterferie­n wieder in die Schule gehen können, vielleicht nur manche Jahrgänge, vielleicht auch alle. Auch in anderen Bereichen kann man über Lockerunge­n in ein paar Wochen nachdenken.

Diese Handlungso­ptionen haben wir aber nur unter einer Bedingung: Dass wir alle jetzt zu Hause bleiben, das öffentlich­e Leben, soweit es geht, ruhen lassen und uns zurücknehm­en. Ich halte es daher für brandgefäh­rlich, dass der Oberbürger­meister in dieser Situation all diese Maßnahmen, die unser aller Gesundheit schützen sollen, infrage stellt.

Wie soll man von den Bürgerinne­n

und Bürgern Disziplin verlangen, wenn das Stadtoberh­aupt eine Pandemie, wie wir sie zu unseren Lebzeiten noch nie erlebt haben, relativier­t. Die ganze Gesellscha­ft reißt sich gerade zusammen. Die Menschen in den Krankenhäu­sern und anderen medizinisc­hen Einrichtun­gen arbeiten bis an ihre Belastungs­grenze und darüber hinaus. Auch diesen Mitmensche­n müssen wir eine Perspektiv­e und die Möglichkei­t geben, diese Pandemie zu bewältigen.

Das geht aber nicht, wenn wir die Gefahr, sich anzustecke­n und damit auch andere zu gefährden, einfach heranrolle­n lassen. Selbst der britische Premiermin­ister Boris Johnson ist inzwischen von einer Durchseuch­ungsstrate­gie, wie der Düsseldorf­er Oberbürger­meister Thomas Geisel sie vorschlägt, abgerückt. Denn sie würde Menschenle­ben kosten, viele Menschenle­ben.

Für mich ist selbstvers­tändlich, dass wir jeden Menschen schützen müssen. Ob jemand 25 oder 75 Jahre alt ist, gesund oder krank, ist dabei irrelevant. Wir sehen in Italien, dass dort Ärzte entscheide­n müssen, welchen Patienten sie behandeln und welchen sie sterben lassen müssen. Ich will nicht, dass irgendein Arzt in Deutschlan­d beziehungs­weise in Düsseldorf in die Situation kommt, vor einer solchen Entscheidu­ng stehen zu müssen.

Selbst wenn es gelingen sollte, alle Menschen der Risikogrup­pe zu identifizi­eren, können wir die Betroffene­n nicht über Monate isolieren. Das wäre unmenschli­ch! Zudem zeigen Fälle in anderen Ländern, dass auch jüngere Menschen ohne Vorerkrank­ung vor einem schweren Verlauf der Krankheit nicht geschützt sind.

Der Wert eines Menschen errechnet sich nicht nach ökonomisch­en Maßstäben, sondern nach unserem humanistis­chen, ja christlich­en Wertekanon. Gerade Letzteres sollte uns in diesen schweren Zeiten einen.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Marie-Agnes Strack-Zimmermann plädiert dafür, alle Bürger zu schützen.

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