Rahmenmanufaktur Conzen ist insolvent
Erst im Herbst hatte das Unternehmen sein 165-Jähriges gefeiert. Die Absage der Kunstmessen ist der Hauptgrund für die Krise.
FLINGERN Friedrich Conzen jr. sagt einen Satz, der zwischen bitterer Einsicht und situativem Zynismus schwankt: „Corona trifft die Alten.“Das Unternehmen Conzen ist wahrlich alt, hat eine große Geschichte und war Teil des Aufstiegs Düsseldorfs zur Kunststadt, sie hat ihr im Wortsinne die richtigen Rahmen gegeben. Die Corona-Krise stürzt die Künstler, Galeristen und Zulieferer der Branche – und damit auch die Rahmenhersteller – jedoch in eine schlimme Krise. Deswegen haben Conzen und sein Partner Frank Warda jetzt die Notbremse gezogen: Die Werkladen Conzen Kunst Service GmbH mit Sitz an der Fichtenstraße hat Insolvenz angemeldet.
Eine Kunstmesse nach der anderen wird abgesagt oder wackelt: die Art Cologne und die Art Basel sowie die Tefaf New York und Maastricht, auch Museumsausstellungen sind reduziert, die Häuser meist geschlossen. Aufträge gibt es noch einige, sagt Conzen, und es gibt auch noch Außenstände, aber der Wirtschaftskreislauf ist erst einmal brutal unterbrochen. „Wer denkt jetzt daran, sich teure Kunst an die Wand zu hängen“, fragt Conzen rhetorisch. Zu den Sammlern und Kunden des alteingesessenen Unternehmens gehören einige, die ihr Geld am Kapitalmarkt verdienen. Dass sie für die Kunst derzeit kaum Interesse aufbringen, kann Conzen sogar verstehen. Luxus ist unwichtig geworden.
Zum Insolvenzverwalter ist Holger Rhode von der Wirtschaftskanzlei Görg bestellt worden. Er sieht die Kompetenz des Unternehmens und hofft, „dass wir es retten können“. Er will sein Können einsetzen, eine Garantie
gibt es nicht. Vor allem kommt es auf die Zeit an: Dauert es Monate, bis sich das Wirtschaftsleben wieder normalisiert hat, dürfte es für Conzen sehr, sehr schwer werden.
Rhode hat am Dienstag in der modernen Halle an der Fichtenstraße seine Ansprache gehalten und den Mitarbeitern die Lage und das Vorgehen erklärt. Die komplette Belegschaft, 65 Menschen, erhalten jetzt Insolvenzgeld. Dies ist für drei Monate möglich. Im März, April und Mai wird das volle Gehalt gezahlt, damit erhalten die Mitarbeiter mehr als das Kurzarbeitergeld, das 60 (kinderlos) beziehungsweise 67 Prozent (mit Kindern) des Nettogehalts umfasst. Ab dem 1. Juni müsste dann eine Lösung für die Zukunft gefunden sein. Investoren könnten gesucht werden, es sind aber auch neue Kooperationen möglich. Conzen ist hier bereits in Gesprächen.
Sollte das Unternehmen sterben, wäre dies ein Verlust in künstlerisch-handwerklicher Sicht. Beim Rundgang durch die offene Manufaktur trifft man auf Vergolder (die auch versilbern können), Buchbinder, Schreiner sowie Maler und Lackierer. Friedrich Conzen jr. führt das Familiengeschäft in der fünften Generation. Der Betriebswirt heißt wie sein Vater (der CDU-Bürgermeister) und drei weitere Ahnen an der Firmenspitze. Schon der Gründer, geboren 1832, hieß Friedrich Gottlieb. Das Unternehmen war schnell hochangesehen, 1880 erfolgte auf der Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf ein Ritterschlag: Conzen erhielt eine Goldmedaille und wurde kurz darauf mit dem Titel „Königlich Preussischer, Fürstlich, Hohenzollernscher und Schaumburg Lippischer Hoflieferant“ausgezeichnet.
Vor fünf Jahren hat Conzen mit dem Werkladen Köln fusioniert sowie vier anderen Unternehmen aus der Branche. Die Kölner Partner hatten sich auf den Online-Handel spezialisiert.
Über 300 Profile von Rahmen werden heute in Flingern angeboten, unterschiedliche Oberflächen sind möglich. Das Online-Geschäft boomt, es macht mittlerweile ein Viertel des Umsatzes aus. Aber auch hier brach das Geschäft jetzt ein: Die vergangenen Wochenenden spiegeln die Corona-Krise wider: Vor zweieinhalb Wochen gab es 75 Aufträge, dann 14 und jetzt am Wochenende nur noch fünf.