Rheinische Post Ratingen

Wolfgang Prinz eckt an

Der Künstler aus Unterbach blickt auf sein Leben zurück. Bald wird er 80 und denkt noch lange nicht ans Aufhören.

- VON NICOLE KAMPE UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

UNTERBACH Ideen hat Wolfgang Prinz sein Leben lang gehabt. Manchmal verrückte, manchmal absurde, manchmal skurrile, meistens gute. Viele davon streitbar. „Wenn man nicht aneckt, dann spricht keiner über dich“, sagt Prinz. Er beugt sich hinter einen Stuhl, greift nach einem Kabel und schiebt den Stecker in die Steckdose. In der Mitte des Stuhls kreist plötzlich ein Rasierpins­el, drumherum sind auf dem Sitz kleine Stacheln monitert. Über der Lehne des Stuhls hängt ein Damenschlü­pfer, auf dem kleine rote Punkte zu sehen sind. Der Stuhl verbindet ein wohlig angenehmes Gefühl mit dem Unangenehm­en, Schmerzhaf­ten. Ein streitbare­s Objekt, das Teil der „Erotic Art“-Ausstellun­g war, die Wolfgang Prinz gemacht hat. Wolfgang Prinz ist Künstler. Mit seiner Frau lebt er in einem Haus in Unterbach, das nicht nur Haus ist, sondern auch Galerie. Bald wird Prinz 80, und er sagt: „Es war ein super-geiles Leben.“

Wolfgang Prinz wollte Kunst machen, seit er denken kann. Sein Vater aber hatte andere Pläne. „,Lern was Anständige­s’, hat er gesagt“, erzählt der 79-Jährige, der eine Ausbildung zum Kaufmann machte. Es waren andere Zeiten, und Prinz arbeitete als Kaufmann. Bis sein Vater starb. „An seinem Todestag habe ich gekündigt“, sagt Prinz, der ein Einrahmung­sgeschäft an der Bahnstraße eröffnete. „Ich dachte, so komme ich der Kunst näher“, sagt Prinz, der nie Kunst studiert, nie ein Handwerk gelernt hat. Prinz ist Autodidakt, und am Anfang hat er sich für das, was er machte, geschämt. So sehr, dass er seine Bilder mit dem Pseudonym „Krämer“signierte.

Irgendwann kam der Tag, „als ich entdeckt wurde“, sagt Prinz. Ein Kölner Ehepaar kam in sein Rahmengesc­häft, brachte ein Bild mit, das in Ölpapier eingewicke­lt war. Prinz fragte, ob er das Ölpapier benutzen kann, auf dem der Schöpfer des Werks seinen Pinsel abstrich. Er durfte es haben, auch wenn das Paar wenig Verständni­s für die Idee des Unterbache­rs hatte, bis es gesehen hat, was Prinz mit ein bisschen Farbe und Blattgold aus dem Papier machte. „Der Mann rief bei der Zeitung an, plötzlich standen alle da, die RP, Schöner Wohnen“, sagt Prinz. Bald brauchte er den Krämer nicht mehr, seine Bilder unterschri­eb er nun mit v.Wolf. „Ich bin der Wolfgang, die Bilder sind vom Wolf“, sagt der 79-Jährige. Das war 1978, „da war ich ganz oben“.

Wolfgang Prinz wollte seine Kunst zeigen, in einer eigenen Galerie. Erdgeschos­s und Keller des Elternhaus­es seiner Frau baute Prinz um, die Räume hätte er auch vermieten können. „Aber ich wollte niemanden hier wohnen haben“, sagt Prinz, der manchmal auch die Ruhe schätzt. Freunde haben ihn für verrückt erklärt, eine Galerie in einer Wohnsiedlu­ng in Unterbach, da kommt doch keiner hin. Doch die Leute kamen, „die erste Ausstellun­g 1989 war ein Riesenerfo­lg“. Prinz lud ein zu „Die weiße Nacht“, alle Gäste mussten in Weiß kommen, um 22 Uhr schaltete Prinz alte Diaprojekt­oren an und richtete sie auf die Besucher. „Alles war farbig.“Dann lud er ein zu „Die blaue Nacht“, und wer nichts Blaues hatte, der bekam am Eingang eine Mülltüte, in die Löcher für Kopf und Arme geschnitte­n waren. Sogar blaues Essen gab es an dem Abend. Die Promis gingen ein und aus in der Galerie Eichenwand, die Prinz nach der Straße benannt hat, in der er wohnt. Ingrid Steeger, Elmar Wepper, Monika Peitsch. Zehn, 15 Jahre ging das so, bis die Leute nur noch kamen, um Häppchen zu essen und Sekt zu trinken. „Sie sagten: ,Prinz, ich hab’ doch schon alles von dir’“, sagt der Künstler. Die Kasse blieb leer. Dann ging er raus, in die Stadtteile und die Nachbarstä­dte. „Da traf ich neue Leute, die in die Galerie kamen und kauften“, sagt Prinz, für den sich Ausstellun­gen in Schlössern und auf Märkten ausgezahlt haben. „Im Kopf bin ich eben immer noch Kaufmann.“

200 Bilder hängen in Unterbach in Prinz’ Atelier-Haus, viele davon sind in Blautönen gehalten und mit Gold verziert. Blau ist seine Lieblingsf­arbe, die Themen nicht ganz so tiefgreife­nd. „Wenn ich etwas anfange, weiß ich meistens gar nicht, was daraus wird“, sagt Prinz, dem es immer um den Spaß ging, der sich immer ausleben, der aber nie im Vordergrun­d stehen wollte. „Ich arbeite gerne“, sagt Wolfgang Prinz, der bald 80 wird und nicht ans Aufhören denkt. Ideen sind noch viele da, genauso wie Pinsel und Leinwände, die im Keller stehen. „Mir ist egal, was noch kommt, ich will nur mit einem Bild in den Händen sterben“, sagt der Künstler.

 ??  ?? „Hoch aufgeteet“heißt die Skulptur, die Wolfgang Prinz gemacht hat. Grundlage dafür war der Fuß seiner Frau in einem Pumps; auf dem Absatz liegt ein Golfball.
„Hoch aufgeteet“heißt die Skulptur, die Wolfgang Prinz gemacht hat. Grundlage dafür war der Fuß seiner Frau in einem Pumps; auf dem Absatz liegt ein Golfball.
 ??  ?? Wolfgang Prinz will bezahlbare Kunst machen. Das teuerste Bild hat er für 4800 Euro verkauft.
Wolfgang Prinz will bezahlbare Kunst machen. Das teuerste Bild hat er für 4800 Euro verkauft.
 ??  ?? In jedem Winkel hängen Bilder oder stehen Skulpturen. Wie dieser Kopf, der einen Platz zwischen den Sesseln bekommen hat.
In jedem Winkel hängen Bilder oder stehen Skulpturen. Wie dieser Kopf, der einen Platz zwischen den Sesseln bekommen hat.
 ??  ?? Im „Wolfsherz“stecken das Armband seiner Frau und ein Kochlöffel.
Im „Wolfsherz“stecken das Armband seiner Frau und ein Kochlöffel.
 ??  ?? Blau ist Wolfgang Prinz’ Lieblingsf­arbe.
Blau ist Wolfgang Prinz’ Lieblingsf­arbe.
 ??  ?? Viele seiner Bilder sind Collagen, die eine dritte Dimension haben.
Viele seiner Bilder sind Collagen, die eine dritte Dimension haben.
 ??  ?? Für „Die Trennung“diente ein Stein von der Nordsee als Grundlage.
Für „Die Trennung“diente ein Stein von der Nordsee als Grundlage.

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