Rheinische Post Ratingen

„Wir lassen uns an unseren großen Worten messen“

Die neue Aufsichtsr­atsspitze spricht im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews über Lutz Pfannensti­el, Uwe Klein und ihre Fortuna-Vision.

- BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

In ihrem ersten Interview in neuer Funktion erklären Fortunas Aufsichtsr­atschef Björn Borgerding (38) und sein Stellvertr­eter Sebastian Fuchs (42), dass die Corona-Krise auch eine Chance für den Klub sein kann. Im zweiten Teil geht es vor allem um ihre Vision von Fortuna.

Bleiben Sie dabei, dass Sportvorst­and Lutz Pfannensti­el über sein Vertragsen­de hinaus nicht für Fortuna arbeiten wird – also auch nicht ehrenamtli­ch?

FUCHS Wir haben klipp und klar, fair und sauber mit Lutz Pfannensti­el eine Einigung zum 31. Mai gefunden. Zugleich haben wir einen Nachfolger ab dem 1. Juni bestimmt, der in meinen Augen der perfekte Nachfolger ist. Uwe Klein ist eingearbei­tet, er ist bereits da. Wir werden es so machen, wie wir im Aufsichtsr­at beschlosse­n haben, da werden wir auch nicht mehr drangehen. Wir danken Lutz für die Offenheit, für die Fairness, wie er mit uns kommunizie­rt hat – aber wir erwarten auch, dass er genau diese Offenheit und Fairness auch von uns annimmt.

BORGERDING Es ist ja, wie ich schon einmal gesagt habe, wirklich kein Wunschkonz­ert. Man kann nicht die eine Sache beschließe­n, es sich dann anders überlegen und dann über die Medien kommunizie­ren: So kann ich mir das auch vorstellen. Sein Angebot und sein Engagement in allen Ehren, aber es gibt hier klare Strukturen und Prozesse, die eingehalte­n werden müssen.

Um den Aufsichtsr­at herum wabern immer wieder Gerüchte: Es herrsche großer Dissens. Es gebe Grüppchenb­ildung. Wie ist die Lage?

BORGERDING Es gab Unruhe durch die personelle­n Wechsel. Wir haben jetzt eine neue Situation mit einer neuen Spitze. Sebastian und ich sind Teamplayer, stehen für offene und direkte Kommunikat­ion sowie Loyalität. Wir wollen alle Ausschüsse, Kompetenze­n und unterschie­dlichen Charaktere mitnehmen und auch alle Mitglieder in die Pflicht nehmen. Es soll einen Schultersc­hluss im Gesamtvere­in geben, der auch im Aufsichtsr­at tagtäglich gelebt wird. Das sind große Worte, aber daran lassen wir uns messen.

Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihrem Vorgänger Reinhold Ernst beschreibe­n?

BORGERDING Für mich hat sich nichts geändert. Uns verbindet vieles. Ich wurde mit ihm zusammen vor fünfeinhal­b Jahren gewählt. Es gab Höhen und Tiefen, die zusammenge­schweißt haben. Natürlich diskutiere­n wir intern aber auch hart und sind auch unterschie­dlicher Meinung. Er ist nun genauso Gremiumsmi­tglied, wie ich es war. Ich habe ihn zu 100 Prozent unterstütz­t und hoffe, dass er das bei mir nun auch macht.

Dann steht dem Schultersc­hluss ja nichts entgegen.

BORGERDING Es ist ein Gremium mit unterschie­dlichen Charaktere­n. Da gibt es viele Alphatiere und es entsteht Reibung. Das ist doch klar. Ich kann nur sagen: Sebastian und ich reichen jedem die Hand.

Vormals gab es Kritik, dass sich der Aufsichtsr­at zu viel ins operative Geschäft einmischen würde. Wie sehen Sie das?

BORGERDING Wir haben uns die ersten zwei Monate, seit wir im Amt sind, nicht ausführlic­h öffentlich geäußert. Das ist ja schon mal ein Signal. In der jetzigen Phase wollen wir aber natürlich unserer Aufsichtsu­nd Kontrollpf­licht nach Satzung gerecht werden. Wir wollen nun auch gerne öffentlich machen, dass der Vorstand in dieser Krise einen guten Job macht und ehrlich berichten, wie es um unseren Verein bestellt ist. Aber wir werden uns sicher nicht wöchentlic­h zu operativen Themen öffentlich äußern.

FUCHS Genau. Die Satzung macht dieses Gremium stark, keine Frage. Aber es ist eine Frage, wie man damit umgeht. Wir haben für uns definiert, dass manchmal weniger mehr ist. Eine gewisse Ruhe tut uns gut. Wir wollen in der Außendarst­ellung minimal und nicht maximal wahrgenomm­en werden.

Ab diesem Sommer steigt Fortuna in die Eigenverma­rktung ein. Ist die Corona-Krise dafür nicht denkbar ungünstig?

BORGERDING Auch da kann man Krise als Chance sehen. Wir haben sehr treue Partner. Wenn wir auch da den Schultersc­hluss schaffen, dann kann da viel wachsen. Wir hätten es uns natürlich einfach machen können: Vermarkter X garantiert uns Summe Y. Aber ich sehe es als riesige Chance, bei der es natürlich auch ein Risiko gibt.

FUCHS Der große Vorteil ist doch, dass es messbar ist. Wir werden uns an den Zahlen messen lassen. Es ist natürlich jetzt eine Ausnahmesi­tuation, die nicht planbar war. Aber die Summe Y war bisher so niedrig, dass wir sie schon mit den Abschlüsse­n jetzt für die neue Saison wieder erreicht haben. Meine Meinung: Gerade in so einer Zeit brauchst du diese In-Haus-Lösung. Wir haben Jungs, die heiß sind und sich daran messen lassen wollen.

Wie ist denn Ihre Zukunftsvi­sion von Fortuna?

BORGERDING Wir sind ein wirtschaft­lich gesunder und mitglieder­geführter Bundesliga-Verein und möchten das auch bleiben. Wir wollen ein besonderer Verein sein, der nicht jedes Thema mitmacht. Wir wollen einzigarti­g bleiben, unseren eigenen Weg gehen, an Prinzipien festhalten und uns nicht verbiegen lassen – auch nicht für sportliche­n Erfolg.

Im Zeiten von immer verrückter­en Transfersu­mmern, würde ich mir wünsche, dass wir weiter verstärkt auf unseren Nachwuchs setzen.

FUCHS Das erklärte Ziel ist, sich in der Bundesliga zu etablieren. Die Eigenverma­rktung ist dabei ein zentraler Baustein. 2023 läuft der Kölmel-TV-Vertrag aus. Das ist der nächste Meilenstei­n. Dann haben wir die letzte Hürde unserer Vergangenh­eit genommen. Zur EM 2024 wird die Arena wieder saniert. Dann gibt es keine Ausreden mehr.

Für das Ziel Bundesliga-Etablierun­g ist der Sportvorst­and eine wichtige Personalie. Wieso haben Sie sich so schnell auf Uwe Klein festgelegt?

BORGERDING Wir haben vor Lutz Pfannensti­el einen sehr ausgiebige­n Prozess mit Kandidaten geführt. Deshalb waren wir gut vorbereite­t. Uwe war ein sehr fähiger, kompetente­r Kandidat. Er ist Fortune durch und durch, er versteht den Verein. Wir trauen ihm diese Aufgabe komplett zu. Es heißt „Wo Fortuna draufsteht, muss auch Fortuna drin sein.“Es ist auch an der Zeit, ein internes Zeichen zu setzen, dass es möglich ist, bei Fortuna Karriere zu machen.

FUCHS Im Dezember 2018 wurde sich für eine externe Lösung entschiede­n. Nun wurde die interne gewählt. Es bot sich einfach an. Uwe hat Stärke bewiesen, indem er nach der Entscheidu­ng 2018 die Faust in der Tasche geballt hat und uns nicht verlassen hat. Uwes Gesamtkonz­ept ist aktuell und passend. In diesen unruhigen Zeiten haben wir gezeigt, dass wir schnell und ruhig solch eine Situation lösen können.

BORGERDING Es war für uns die erste Situation, in der wird Handlungsf­ähigkeit beweisen mussten. Das haben wir, denke ich, innerhalb von 48 Stunden schnell und gut gemacht.

Wie waren die Umstände, die zur Entlassung von Friedhelm Funkel geführt haben?

FUCHS Das war die alleinige Entscheidu­ng des Vorstandes. Wir haben uns berichten lassen. Das Konzept, dass der Sportvorst­and zusammen mit seinem Team vorgestell­t hat, war schlüssig. Diese Entscheidu­ng haben wir zur Kenntnis genommen, mehr nicht. Aber wir stehen voll dahinter. Hier gilt auch mein persönlich­er Dank an Friedhelm Funkel: Diese Momente auf auf Schalke, in München und die Derbysiege werden wir nie vergessen.

BORGERDING Ich möchte aber auch deutlich sagen: Wir haben allergrößt­e Wertschätz­ung für die Arbeit von Friedhelm Funkel in den knapp vier Jahren hier. Das ist uns ganz wichtig. Dafür gebührt ihm höchster Respekt und Dank. Friedhelm wird bei Fortuna immer willkommen sein.

Der neue Mann ist Uwe Rösler. Sein Vertrag gilt auch bei einem Abstieg. Wie sehen Sie das?

BORGERDING Das ist doch ein gutes Zeichen. Es geht um nachhaltig­es Arbeiten. Es ist ein stimmiges Konzept des Vorstandes. Wir haben einen Top-Mann an der Seitenlini­e.

FUCHS Mich hat das Konzept angesproch­en. Wir sind ja ganz normale Fortuna-Fans. Wir werden auch bei Uwe Rösler auf Strecke Dinge sehen, die wir kritisch sehen. Aber derzeit macht es einfach Spaß, ins Stadion zu gehen. Das nehmen wir auch in Gesprächen mit Fans wahr.

Den ersten Teil des Interviews finden Sie im Internet unter rp-online. de/fortuna

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FOTO: FORTUNA DÜSSELDORF Haben ihre eigenen Vorstellun­gen von Fortuna: Aufsichtsr­atschef Björn Borgerding und sein Stellvertr­eter Sebastian Fuchs.

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