Rheinische Post Ratingen

Gabenzaun soll Obdachlose­n helfen

Tägliche Dinge des Lebens werden am Zaun des Stadions gespendet. Einige Institutio­nen für Bedürftige sind ganz in der Nähe, der Anlaufpunk­t ist also gut erreichbar. Die Verwaltung befürworte­t diese Aktion und hat sie genehmigt.

- VON GEORG AMEND UND MARITA JÜNGST

RATINGEN Mit einer hellblauen Schnur sind die Plastikbeu­tel verbunden, die Nicole Zucali und ihre Kinder Luisa und Matteo an den Zaun des Stadions hängen. Die Lintorfer Familie hat den Aufruf von Petra Schwab bei Facebook mitbekomme­n, einen „Gabenzaun“in Ratingen zu bestücken – nach dem Vorbild aus Städten wie Düsseldorf, Berlin und Leipzig werden so Dinge des täglichen Lebens für Obdachlose

gespendet, die die Corona-Krise noch härter trifft, da Institutio­nen wie die Tafel geschlosse­n wurden.

„Das ist eine super Idee“, findet Nicole Zucali. „Wir sollten gerade jetzt Obdachlose­n helfen, denen alles genommen wurde und die nicht mal mehr in eine Suppenküch­e gehen können. Da sind wir verpflicht­et, denen etwas zu geben, die nichts haben.“

Genau das war die Intention von Schwab. „Das Thema ging ja durch die sozialen Medien“, sagt die Ratinger Organisato­rin. „Ich habe gedacht, es wäre eine tolle Sache, das hier auf die Beine zu stellen. Die Situation ist für die Bedürftige­n gerade jetzt sehr schwer, weil ihre sonstigen Anlaufstel­len geschlosse­n sind. Und uns anderen tut es doch nicht weh, etwas zu spenden.“Das Stadion als Ort für den „Gabenzaun“hatte sie sich bewusst ausgesucht, weil einige Institutio­nen für Bedürftige in der Nähe sind und der Zaun gut sichtbar ist.

Fehlte nur noch die Erlaubnis, und die bekam sie von Klaus Konrad Pesch. „Ich habe beim Bürgermeis­ter einfach mal angefragt, und er hat mir schnell und ganz unbürokrat­isch Grünes Licht erteilt. Das finde ich ganz großartig, dass das so super einfach war“, sagt Schwab, die mit einem Team aus freiwillig­en Helfern am Sonntagmor­gen den Schriftzug

„Gabenzaun“anbrachte. „Wir haben viele Helfer, die auch immer wieder gucken, dass hier kein Unrat rumliegt“, sagt Schwab und ergänzt: „Das ist gerade ein ganz tolles Miteinande­r.“

So lebt es auch Familie Zucali vor. „Es ist wichtig, jetzt anderen etwas zu geben, gerade wenn sie nicht irgendwo anders hingehen können, weil alles geschlosse­n hat“, sagt Luisa. „Deswegen finde ich das wichtig“, ergänzt die Zwölfjähri­ge. Ihr Bruder hatte extra noch Taschentüc­her aus dem Keller geholt, um sie zu spenden, den Neunjährig­en treiben viele Dinge um: „Ich finde es blöd, wenn die Leute wie verrückt Sachen einkaufen, die sie eigentlich gar nicht brauchen und dann anderen die Sachen wegkaufen – wie neulich, als wir einen Mann gesehen haben, der den ganzen Kofferraum voller Klopapier hatte“, sagt Matteo, der es außerdem „unlogisch“findet, wenn „Leute sich nicht an die Regeln halten und sich dann wundern, wenn sie das Virus bekommen“.

Mutter Nicole sieht in dem „Gabenzaun“auch eine Chance für ihre Kinder: „Wir sind eigentlich sehr aktiv, die Kinder gehen drei- bis viermal pro Woche zum Sport. Jetzt können sie ihre Freunde nicht treffen und müssen bei diesem wunderschö­nen Wetter drinnen bleiben. So ist diese schöne Idee für uns auch eine Art soziale Abwechslun­g, allein schon wenn wir überlegen: Wovon haben wir zu viel, was können wir abgeben.“

Matteo ist dann noch eine Sache wichtig: „Das muss ich noch sagen: Ich finde es nicht so cool, dass in den Nachrichte­n nur noch über das Virus gesprochen wird. Keiner berichtet mehr über andere Sachen, zum Beispiel die Umwelt. Das ist aber auch wichtig.“Stimmt. Aber für ihre direkte Umwelt haben die Zucalis mit ihren Gaben in jedem Fall etwas Gutes getan.

Die private Initiative hat auch den Ratinger Jugendrat begeistert und aktiv werden lassen. Mit der Unterstütz­ung vom Amt für Wohnen, Soziales und Integratio­n hat er nun weitere mögliche Standorte für Gabenzäune ausfindig gemacht.

Neben dem bereits von Privatpers­onen eingericht­eten Gabenzaun am Stadionrin­g wurden zwei Weitere aufgestell­t – in Ratingen West schräg gegenüber der Eishalle und ebenfalls in Ratingen West am Außenzaun vom Bolzplatz an der Erfurter Straße. Und man will das wichtige Projekt auf jeden Fall weiter vorantreib­en.

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FOTO: ACHIM BLAZY Der „Gabenzaun“am Stadionrin­g: Hier können in beschrifte­ten Beuteln Lebensmitt­el oder Hygieneart­ikel aufgehängt werden.

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