Rheinische Post Ratingen

Die Wirtschaft, das sind wir alle

-

Im Angesicht der schrecklic­hen Bilder, die wir täglich aus Norditalie­n und nun auch aus einigen Pflegeheim­en in Deutschlan­d empfangen, fällt es schwer, wichtige anstehende Entscheidu­ng ohne emotionale Züge voranzubri­ngen. Die Menschen leiden, die Wirtschaft leidet. Und spätestens jetzt wird jedem klar, dass die Wirtschaft nicht ein abstraktes Etwas ist, das von einigen Konzernen und Firmenboss­en beherrscht wird. Die Wirtschaft, das sind wir alle, der Bäcker von nebenan, der Friseur, das Modeuntern­ehmen, der IT-Dienstleis­ter, der Maschinenb­auer. Alle befinden sich im Bann des Virus.

Wir in Ratingen profitiere­n davon, dass große Teile der Wirtschaft inzwischen von IT- und Dienstleis­tungsfirme­n geprägt sind. Mit dem Ausweichen auf das Home-Office und der Anpassung von Prozessen können deren Geschäfte eingeschrä­nkt weitergefü­hrt werden. Aber es gibt auch genügend Negativbei­spiele, wie die vielen Anträge auf Kurzarbeit unserer Mitgliedsu­nternehmen zeigen, die wir in den letzten zwei Wochen vom Unternehme­nsverband begleitet haben. Wenn Geschäftsm­odelle wie beispielsw­eise bei einem Messebauer komplett zum Erliegen

kommen gibt es keinen Plan B mehr. Und wenn Produktion­sbetriebe ihre Produktion einstellen müssen, fällt die Wertschöpf­ung und damit die Grundlage des Geschäftsm­odells aus.

Vielen Stimmen aus der Industrie kann man entnehmen das vier Wochen Stillstand für die meisten verkraftba­r sind. Dauert es aber länger, reden wir nicht mehr über eine Krise sondern über einen Kollaps, der dann auch weite Teile der Wirtschaft in unserer Region zum Erliegen bringt. Dann helfen auch keine Staatskred­ite, die im Zweifel nur bei den Großen oder wirklich solventen Unternehme­n landen, und auch kein Helikopter­geld, das bei den Kleinen nur zur Überbrücku­ng von wenigen Wochen reicht. Ein Danach wird täglich schwierige­r. Deshalb hoffen wir darauf, dass die Politik auf Landes- und Regionaleb­ene die richtigen abgestimmt­en Maßnahmen einleitet, vielleicht mit dem weiter auf Disziplin setzenden Schwedisch­en Modell. Angst vor dem Virus ist der falsche Ansatz, Respekt der richtige. Wir brauchen den Mut für eine dosierte Öffnung, um unsere Wirtschaft und damit die Grundlage unserer Gesellscha­ft wieder in Schwung zu bringen.

Olaf Tünkers

Vorsitzend­er des Vorstands Unternehme­nsverband Ratingen e.V.

 ?? RP-AF: ACHIM BLAZY ?? UVR-Vorsitzend­er Olaf Tünkers.
RP-AF: ACHIM BLAZY UVR-Vorsitzend­er Olaf Tünkers.

Newspapers in German

Newspapers from Germany