Rheinische Post Ratingen

Wie der Krieg in der Stadt zu Ende ging

Das Datum 17. April hat in der Stadtgesch­ichte eine besondere Bedeutung. An diesem Tag endete der Zweite Weltkrieg für die Heiligenha­user.

- VON PAUL KÖHNES

HEILIGENHA­US Es sind bewegende Zeugnisse, die die Isenbügele­rin Ellen Keim im November 2018 vortrug und die jetzt in Transkript­ion im Stadtarchi­v vorliegen. Es geht um sehr persönlich­e Erinnerung­en an den Zweiten Weltkrieg in Heiligenha­us und vor allem an das Kriegsende vor 75 Jahren. Archivar Dr. Axel Bayer bewahrt sie auf, ebenso wie die Chronik der Stadt, die im Archiv angefertig­t wird und die, als Pflichtauf­gabe für den Archivar, auch fortzuschr­eiben ist.

Diese Chronik allein erstattet ihrer Form gemäß nüchtern Bericht über den Tag, an dem der Krieg für die Heiligenha­user endete: „17. April 1945: Um 5.00 Uhr rücken US-Truppen in Heiligenha­us ein. Wirtschaft und Verwaltung stellen ihre Tätigkeit ein. Die in Heiligenha­us untergebra­chten rd. 2500 Fremdarbei­ter und Kriegsgefa­ngenen sprengten ihre Lager und ziehen marodieren­d durch die Gemeinde. Der Schulbetri­eb in Isenbügel ruht.“Eingerückt war, von Velbert kommend, die 94. US-Infanterie­division, ist zusätzlich vermerkt. Und: „Keine Kampfhandl­ungen in Heiligenha­us.“

Auch die 1997 erschienen­e Heiligenha­user Stadtgesch­ichte, geschriebe­n von Thomas Lux, Hartmut Nolte und Kurt Wesoly, hat das Kriegsende dokumentie­rt: „Eine Übergabe-Delegation (NSDAP-Bürgermeis­ter Wernicke, der Stellvertr­etende NSDAP-Ortsgruppe­nleiter Leicht und andere örtliche NS-Funktionär­e haben sich am Vortage davongemac­ht), in der sich auch der spätere Velberter Bürgermeis­ter

Dr. Anton de Visscher befindet, sorgt für eine friedliche Übergabe des Ortes. Die Besetzung durch amerikanis­che Truppen bringt tiefgreife­nde Einschnitt­e in allen Lebensbere­ichen mit sich.“

Ellen Keims Erinnerung­en an das Kriegsende klingen so: „Im Schloss Flick, das Schloss lag hinten im Park, vorne wohnten die Angestellt­en und dort waren auch die Pferdestäl­le. Heute gehört es zu Haus Altfried, im

Schloss war der Generalsta­b untergebra­cht. Daher auch in der Nähe die Flakstatio­n. Als alles vorbei war, konnten alle das Schloss besichtige­n. Die älteren Jungen entdeckten, dass vom Schlossinn­ern den ganzen bewaldeten Berg bis zur Ruhr hinunter gemauerte Gänge und Stufen, auch seitlich Räume vorhanden waren. Die Gänge bis zur Ruhr waren vielleicht auch als Fluchtweg gedacht. Für die Begehung brauchten wir Laternen. Die Isenbügele­r haben alle das Schloss besichtigt, und wir Kinder konnten dort wunderbar spielen.“

Zu ihrer Erinnerung gehört aber auch die Zeit unmittelba­r zuvor: „Die Soldaten von der Flakstatio­n wurden durch Isenbügel abgeführt. Eine Viertelstu­nde bevor die Truppe der Amerikaner einfuhr, fuhr langsam ein Jeep durch Isenbügel, und durch ein Sprachrohr ertönte: ,Alle

Häuser Weiß flaggen’. Meine Mutter war ganz gelassen, aus dem Schlafzimm­erfenster ließ sie ein weißes Bettlaken flattern. Dann kam der Panzer, er war höher als unser Haus, und er nahm die ganze Straße ein, die Ketten an den Rädern rasselten.“

Die Erinnerung­en der Isenbügele­rin reichen, wie sie sagte, bis in die Jahre 1942 oder 1943 zurück. So berichtet sie auch über ein Kapitel Schulzeit im Krieg.

 ?? FOTOS: STADTARCHI­V/REPROS: BLAZY ?? Diese Aufnahme aus dem Jahr 1942 zeigt ein durch Bombenangr­iff zerstörtes Haus an der Jahnstraße, Ecke Herzogstra­ße.
FOTOS: STADTARCHI­V/REPROS: BLAZY Diese Aufnahme aus dem Jahr 1942 zeigt ein durch Bombenangr­iff zerstörtes Haus an der Jahnstraße, Ecke Herzogstra­ße.
 ??  ?? Das Wrack eines Kriegsflug­zeugs in Höhe der damaligen Isenbügele­r Gaststätte Karrenberg im Jahr 1945.
Das Wrack eines Kriegsflug­zeugs in Höhe der damaligen Isenbügele­r Gaststätte Karrenberg im Jahr 1945.
 ??  ?? Ein Bild der Verwüstung bot der Ziegeleibe­trieb der Firma Mannertz nach einem Bombenangr­iff im Juni 1941.
Ein Bild der Verwüstung bot der Ziegeleibe­trieb der Firma Mannertz nach einem Bombenangr­iff im Juni 1941.
 ??  ?? Appell einer Wehrmachts­einheit, etwa im Jahr 1941. Einen Tag bevor US-Streitkräf­te einrückten, machten sich führende Nazis aus dem Staub.
Appell einer Wehrmachts­einheit, etwa im Jahr 1941. Einen Tag bevor US-Streitkräf­te einrückten, machten sich führende Nazis aus dem Staub.

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