Rheinische Post Ratingen

„Kirche besteht nicht nur aus Priestern und Bischöfen“

-

Erinnern Sie sich? Vor einem Jahr entstand, auch bei uns in Düsseldorf, die Initiative Maria 2.0. Ursprüngli­ch hatten die Gründerinn­en die Idee, einen auf eine Woche beschränkt­en „Kirchenstr­eik“auszurufen.

Sie wollten zeigen, wie schnell das kirchliche Leben brachliegt, wenn Frauen dabei nicht mehr mitmachen. Das war paradox, denn der „Kirchenstr­eik“ging von engagierte­n Christinne­n aus, die sich alle ihrer Kirche kritisch verbunden fühlen. Deshalb setzten sie, neben dem „Streik“, auch manches heiße Eisen auf die Tagesordnu­ng: Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals, Veränderun­g der Machtstruk­turen, gleichbere­chtigte Teilhabe von Frauen und Männern an den Weiheämter­n, Freistellu­ng der Zölibatsve­rpflichtun­g für Priester und die Forderung nach einer zeitgemäße­n Sexualmora­l.

Maria 2.0 hat sich nun nicht auf eine einzige Streikwoch­e beschränkt, sondern ist bis heute aktiv. Die dort Engagierte­n bringen in Erinnerung, dass Kirche nicht primär aus Priestern und Bischöfen besteht, sondern zunächst immer aus dem Gottesvolk – Frauen und Männern, die sich für ihren Glauben einsetzen.

In Düsseldorf sind Maria 2.0-Gruppen nun schon ein Jahr lang aktiv. Sie gestalten kirchliche­s Leben mit. Das ist möglich, weil man trotz einiger Vorbehalte aufeinande­r zugegangen ist, das Gespräch miteinande­r suchte und sich füreinande­r interessie­rte. Nichts anderes ist übrigens an Ostern 1.0 passiert. Wir lesen in den Evangelien, wie ein paar Frauen und einige Männer nach ihrer Irritation über das leere Grab nicht einfach davonlaufe­n. Indem sie aufeinande­r zugehen, miteinande­r reden und sich füreinande­r interessie­ren, sind sie persönlich an der Entwicklun­g der Kirche beteiligt. Dabei nehmen auch sie kein Blatt vor den Mund, wenn es um heiße Eisen geht. So steht es in der Apostelges­chichte. Ich finde das ermutigend. Von Anfang an gehört es in der Kirche zum guten Ton, heiße Eisen und kontrovers­e Themen nicht unter den Teppich zu kehren. Seit nun einem Jahr bringt Maria 2.0 genau das in Erinnerung.

 ?? F:HJBA ?? Wolfgang Reuter ist Klinikpfar­rer in der katholisch­en Seelsorge.
F:HJBA Wolfgang Reuter ist Klinikpfar­rer in der katholisch­en Seelsorge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany