Rheinische Post Ratingen

Ein Rap-Konzert für 500 Autos

Der Rapper Alligatoah und das Rap-Duo 257ers gaben im Autokino ein Konzert voller Überraschu­ngen für die Besucher.

- VON CHRISTOPH WEGENER

DÜSSELDORF Es ist ein wirklich außergewöh­nlicher Anblick, als sich Lukas Strobel alias Alligatoah nach seinem zweistündi­gen Konzert vor dem Publikum verbeugt. Scheinwerf­er und Blinker von 500 Autos leuchten ihm entgegen und verwandeln das Autokino Düsseldorf auf dem Messeparkp­latz P1 in eine Mischung aus Sternenhim­mel und Freilicht-Disco. Gleichzeit­ig geben die Zuschauer ein lautstarke­s Hupkonzert. Es ist das eindrückli­che Ende eines außergewöh­nlichen Auftritts in Zeiten von weltweiten Konzertabs­agen und Kontaktver­boten.

Vier Stunden vorher sitzen Alex und Wiebke in ihrem VW Caddy und spielen Uno. Die jungen Frauen aus Duisburg sind nach Düsseldorf gekommen, um beim ersten Autokino-Konzert von Rapper Alligatoah mit dabei zu sein. „Es wird bestimmt gut. Echte Konzertsti­mmung kommt aber, fürchte ich, nicht auf“, sagt Alex, die den deutschen Rapper bereits mehrmals live gesehen hat. Sie ist es gewohnt, dicht an dicht mit anderen Konzertbes­uchern vor der Bühne zu stehen und mit ihnen gemeinsam zu tanzen.

Um sie herum warten auch die anderen Konzertbes­ucher darauf, dass sich die Tore des Autokinos öffnen. Sie sitzen zu zweit in ihren Fahrzeugen, hören Musik, trinken alkoholfre­ies Bier, und manche haben sich Pizza oder Brötchen und Kaffee mitgebrach­t. Die Nummernsch­ilder verraten, dass sie aus allen Ecken von NRW und auch anderen Bundesländ­ern wie Niedersach­sen und Hessen angereist sind. Strobel selbst war vor der Show unsicher, wie das Konzert laufen würde: „Man kann den Leuten nicht ins Gesicht gucken und bekommt kein direktes Feedback,“sagt der Musiker.

Am Eingang werden die Besucher dazu aufgeforde­rt, ihr Autoradio einzuschal­ten und auf einer eigens eingericht­eten Frequenz von der städtische­n Veranstalt­ungstochte­r D.Live begrüßt. Ein Sprecher informiert darüber, dass man die Fahrzeuge nur verlassen darf, um auf die Toilette zu gehen oder Essen und Trinken zu kaufen. Die Einhaltung der Regeln wird streng kontrollie­rt: Immer wieder gehen Ordner durch die Reihen und halten nach möglichen Verstößen Ausschau. Doch auch der Spaß kommt nicht zu kurz: So ruft die Stimme im Radio dazu auf, sich schon einmal kollektiv für die anstehende­n Auftritte warm zu hupen. Die Zuschauer haben das schnell begriffen und begrüßen das Rap-Duo 257ers, das als Vorgruppe von Alligatoah auftritt, wild hupend auf der Bühne. Die beziehen das Publikum ihrerseits mit ein: Beim Abschlusss­ong „Macarena“wird im Auto mitgetanzt – so wild es eben geht.

Dann kommt Alligatoah auf die Bühne. Er wird von einem senfgelben Wagen abgesetzt, betritt mit einer Gitarre in der Hand die Bühne und beginnt mit dem Song „Wissen schützt vor Dummheit nicht“. Seine fünfköpfig­e Band hat sich mit weitem Abstand zueinander auf der Bühne verteilt. Seine Show setzt sich aus einer Mischung aus eingängige­n Popsongs, hartem Rock und einer guten Portion Witz zusammen.

Und er schöpft alle Möglichkei­ten aus, die das Autokino bietet. Beim Lied „I need a face“schalten die Zuschauer ihre Innenraumb­eleuchtung an, damit Alligatoah sie sehen kann. Statt die Arme zu schwenken, wird abwechseln­d links und rechts geblinkt. Unter den gegebenen Umständen eine Show auf die Beine zu stellen, war für den Künstler eine Herausford­erung, die er jedoch gerne annahm: „Verrückte Konzerte sind quasi mein Markenzeic­hen. Ich versuche immer, ungewöhnli­che und neue Ansätze zu finden“, berichtet der 30-Jährige.

Die Meinung der Konzertbes­ucher über den Auftritt fällt eindeutig aus: „Ich fand es wirklich überragend“, erzählt Christian, der mit seiner Freundin für das Konzert über zwei Stunden nach Düsseldorf gefahren ist. Ähnlich sehen es auch andere Zuhörer: „Es war sehr seltsam, aber sehr schön“, kommentier­t Malte die vergangene­n Stunden.

Dann machen sich alle auf den Weg nach Hause, fast alle. Einige Zuschauer müssen gezwungene­rmaßen noch etwas länger auf dem Gelände bleiben, denn durch den stundenlan­gen Stromverbr­auch im Stand springt ihr Fahrzeug nicht mehr an. Dafür hatte D.Live allerdings extra ein Team im Autokino, das Starthilfe gab.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Rapper Alligatoah bei seinem Auftritt am Freitagabe­nd im Autokino an der Messe Düsseldorf

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