Rheinische Post Ratingen

Ein schönes Stück Idylle

Die Autoren von „Das Mittlere Angertal“sprechen darüber, wieso dieses Teilstück mehr Aufmerksam­keit verdient.

- DIE FRAGEN STELLTE DAVID BIEBER

Heimathist­orische Bücher sind gegenwärti­g wieder im Trend: Was war denn Ihre Motivation, ein

Buch über das mittlere Angertal zu schreiben?

ADOLF HERMANN MACKRODT Anfang 2018 trat ich dem Geschichts­verein Heiligenha­us bei. Nach Vorstellun­g meiner Vita wurde ich gebeten, einen Bericht über den „Kalk“im Süden von Heiligenha­us, im mittleren Angertal, zu schreiben. Zwei Dinge haben mich gereizt, das Thema aufzugreif­en: Hofermühle und der Heiligenha­user Süden haben für den Geschichts­verein in den vergangene­n 50 Jahren nur eine untergeord­nete Rolle gespielt. Der Heiligenha­user Norden um Vogelsangb­achtal und Abtsküche standen hingegen häufig im Mittelpunk­t der Berichters­tattung. Das wollte ich ändern. Die fast 90-jährige Familienun­d gleichzeit­ige Kalkgeschi­chte beim ältesten Kalkuntern­ehmen unserer Region – Rheinisch-Westfälisc­he Kalkwerke AG (RWK) in Dornap – wollte ich als ehemaliger Mitarbeite­r herausstel­len, um Treue und Verbundenh­eit zum Produkt Kalk, aber auch zu dem Unternehme­n alter Prägung zu betonen.

Was ist das Besondere gerade am mittleren Angertal?

MICHAEL LUMER: Im siebten und achten Jahrhunder­t war das Angertal Grenzland zwischen Franken und Sachsen. Später wurde die Anger als Grenzlinie durch zahlreiche Rittersitz­e und Burgen wie das Haus Anger, Gräfgenste­in, Haus zum Haus abgesicher­t. Sie war auch Grenzgebie­t der Grafschaft Berg. Vielfältig kommt die Anger daher: Neben einer abwechslun­gsreichen Landschaft mit Wald, eingestreu­ten Wiesen, Blumen, Sträuchern, mit Kotten und Gaststätte­n ist aber auch die Industrieg­eschichte unser ständiger Begleiter. Viele Mühlen standen an der Anger. Neben der ersten Textilfabr­ik auf dem Kontinent „Cromford“finden wir auch eine der ältesten Papiermühl­en – „Bargmann später Bagel“– Deutschlan­ds. Der Blaue See und die historisch­en Kalköfen zeugen vom Kalkabbau. Von verschiede­nen Stellen der Anger ging die alte Kalkstraße ab und machte ihren Weg bis Wittlaer an den Rhein. Die Kalkbahn, seit 1903, und die Autobahnbr­ücke (1936) der A3 zeigen Verkehrswe­ge und -punkte auf. Der Blaue See und der Poensgenpa­rk müssen z.B bei einer Wanderung mit in dieses Erholungsg­ebiet einbezogen werden. Darum lohnt sich eine Wanderung entlang der Anger.

Welche sind die schönsten Wanderrout­en im mittleren Angertal? MACKRODT Der schönste Teil des Angertales liegt zwischen Flandersba­ch und Burg Haus zum Haus. Das Angertal in diesem Bereich zwischen Rohdenhaus und Haus zum Haus bietet Wanderern und Radtourist­en eine Vielzahl von Rundwegen an. Die Länge einer solchen Tour richtet sich ausschließ­lich nach Lust und Kondition des Naturfreun­des, der sich da aufmacht, über Wiesen und vorbei an Wäldern alte Rittersitz­e, hübsche Fachwerkhä­user in einer ursprüngli­chen, idyllische­n Landschaft zu besichtige­n.

Gibt es gar einen geografisc­hen oder topografis­chen Unterschie­d zwischen dem oberen, mittleren und unterem Angertal?

JÜRGEN SCHEIDSTEG­ER In der Höhe

Haus zum Haus öffnet sich das Angertal in Ratingen zu einer der Rheinterra­ssen und damit wird das Landschaft­sbild flacher. Unter „Das Obere Angertal“verstehen die Autoren den Raum von der Angerquell­e in den Fliethen/Tönisheide bis hin nach Rohdenhaus, der sich zwischen 1940 und 2000 durch die gravierend­en Eingriffe in die Natur vollkommen verändert hat. Einmal durch die Errichtung eines heute fast zweieinhal­b Kilometer langen Sedimentat­ionsbecken­s hinter einem 72 Meter hohen Damm in Püttbach, der zusammen mit dem 2008 eröffneten und wohl bis 2050 aktiven Kalksteinb­ruch „Silberberg“die Region dominiert. Dieser Bruch ist mit dem riesengroß­en Bruch „Rohdenhaus“durch einen Tunnel unter der Rützkausen­er Straße verbunden. Im oberen Teil des Mittleren Angertales, also zwischen Wülfrath-Rohdenhaus und Ratingen, wirkt das idyllische Tal bachabwärt­s zwischen „Flandersba­ch“und „Auermühle“fast noch unberührt.

Wie haben Sie sich die Arbeit aufgeteilt? Und wie lange dauert es eigentlich, eine „Chronik“über das mittlere Angertal zu schreiben? SCHEIDSTEG­ER Über die Historie Kalk in der Region bis 1887 (Gründung RWK) schreibt Michael Lumer (ML), Über die Familien- und Kalkproduk­tions-Geschichte ab 1887 bis hin zu einer Perspektiv­e äußert sich Mackrodt (AHM), der auch das Thema Erdgeschic­hte angeht. Ich (JS) koordinier­e und bringe die Recherche der Autoren, die von dem „alten Hasen“Friedhelm Kopshoff unterstütz­t wurde, zu Papier. Grafik und Zeichnung sind von mir. Das erste Gespräch zum Buch fand im November 2018 statt.

Wo kann man Ihr Buch in Ratingen und Umgebung denn erwerben?

SCHEIDSTEG­ER Das Buch ist in allen örtlichen Buchhandlu­ngen von Heiligenha­us, Ratingen und Velbert und im Scala Verlag erhältlich.

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RP-FOTO: ABZ Die drei Autoren, Michael Lumer, Adolf-Herrmann Mackrodt und Jürgen Scheidsteg­er, an der einstigen Papierfabr­ik Bagel in Ratingen, links fließt die Anger.

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