Ein schönes Stück Idylle
Die Autoren von „Das Mittlere Angertal“sprechen darüber, wieso dieses Teilstück mehr Aufmerksamkeit verdient.
Heimathistorische Bücher sind gegenwärtig wieder im Trend: Was war denn Ihre Motivation, ein
Buch über das mittlere Angertal zu schreiben?
ADOLF HERMANN MACKRODT Anfang 2018 trat ich dem Geschichtsverein Heiligenhaus bei. Nach Vorstellung meiner Vita wurde ich gebeten, einen Bericht über den „Kalk“im Süden von Heiligenhaus, im mittleren Angertal, zu schreiben. Zwei Dinge haben mich gereizt, das Thema aufzugreifen: Hofermühle und der Heiligenhauser Süden haben für den Geschichtsverein in den vergangenen 50 Jahren nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Der Heiligenhauser Norden um Vogelsangbachtal und Abtsküche standen hingegen häufig im Mittelpunkt der Berichterstattung. Das wollte ich ändern. Die fast 90-jährige Familienund gleichzeitige Kalkgeschichte beim ältesten Kalkunternehmen unserer Region – Rheinisch-Westfälische Kalkwerke AG (RWK) in Dornap – wollte ich als ehemaliger Mitarbeiter herausstellen, um Treue und Verbundenheit zum Produkt Kalk, aber auch zu dem Unternehmen alter Prägung zu betonen.
Was ist das Besondere gerade am mittleren Angertal?
MICHAEL LUMER: Im siebten und achten Jahrhundert war das Angertal Grenzland zwischen Franken und Sachsen. Später wurde die Anger als Grenzlinie durch zahlreiche Rittersitze und Burgen wie das Haus Anger, Gräfgenstein, Haus zum Haus abgesichert. Sie war auch Grenzgebiet der Grafschaft Berg. Vielfältig kommt die Anger daher: Neben einer abwechslungsreichen Landschaft mit Wald, eingestreuten Wiesen, Blumen, Sträuchern, mit Kotten und Gaststätten ist aber auch die Industriegeschichte unser ständiger Begleiter. Viele Mühlen standen an der Anger. Neben der ersten Textilfabrik auf dem Kontinent „Cromford“finden wir auch eine der ältesten Papiermühlen – „Bargmann später Bagel“– Deutschlands. Der Blaue See und die historischen Kalköfen zeugen vom Kalkabbau. Von verschiedenen Stellen der Anger ging die alte Kalkstraße ab und machte ihren Weg bis Wittlaer an den Rhein. Die Kalkbahn, seit 1903, und die Autobahnbrücke (1936) der A3 zeigen Verkehrswege und -punkte auf. Der Blaue See und der Poensgenpark müssen z.B bei einer Wanderung mit in dieses Erholungsgebiet einbezogen werden. Darum lohnt sich eine Wanderung entlang der Anger.
Welche sind die schönsten Wanderrouten im mittleren Angertal? MACKRODT Der schönste Teil des Angertales liegt zwischen Flandersbach und Burg Haus zum Haus. Das Angertal in diesem Bereich zwischen Rohdenhaus und Haus zum Haus bietet Wanderern und Radtouristen eine Vielzahl von Rundwegen an. Die Länge einer solchen Tour richtet sich ausschließlich nach Lust und Kondition des Naturfreundes, der sich da aufmacht, über Wiesen und vorbei an Wäldern alte Rittersitze, hübsche Fachwerkhäuser in einer ursprünglichen, idyllischen Landschaft zu besichtigen.
Gibt es gar einen geografischen oder topografischen Unterschied zwischen dem oberen, mittleren und unterem Angertal?
JÜRGEN SCHEIDSTEGER In der Höhe
Haus zum Haus öffnet sich das Angertal in Ratingen zu einer der Rheinterrassen und damit wird das Landschaftsbild flacher. Unter „Das Obere Angertal“verstehen die Autoren den Raum von der Angerquelle in den Fliethen/Tönisheide bis hin nach Rohdenhaus, der sich zwischen 1940 und 2000 durch die gravierenden Eingriffe in die Natur vollkommen verändert hat. Einmal durch die Errichtung eines heute fast zweieinhalb Kilometer langen Sedimentationsbeckens hinter einem 72 Meter hohen Damm in Püttbach, der zusammen mit dem 2008 eröffneten und wohl bis 2050 aktiven Kalksteinbruch „Silberberg“die Region dominiert. Dieser Bruch ist mit dem riesengroßen Bruch „Rohdenhaus“durch einen Tunnel unter der Rützkausener Straße verbunden. Im oberen Teil des Mittleren Angertales, also zwischen Wülfrath-Rohdenhaus und Ratingen, wirkt das idyllische Tal bachabwärts zwischen „Flandersbach“und „Auermühle“fast noch unberührt.
Wie haben Sie sich die Arbeit aufgeteilt? Und wie lange dauert es eigentlich, eine „Chronik“über das mittlere Angertal zu schreiben? SCHEIDSTEGER Über die Historie Kalk in der Region bis 1887 (Gründung RWK) schreibt Michael Lumer (ML), Über die Familien- und Kalkproduktions-Geschichte ab 1887 bis hin zu einer Perspektive äußert sich Mackrodt (AHM), der auch das Thema Erdgeschichte angeht. Ich (JS) koordiniere und bringe die Recherche der Autoren, die von dem „alten Hasen“Friedhelm Kopshoff unterstützt wurde, zu Papier. Grafik und Zeichnung sind von mir. Das erste Gespräch zum Buch fand im November 2018 statt.
Wo kann man Ihr Buch in Ratingen und Umgebung denn erwerben?
SCHEIDSTEGER Das Buch ist in allen örtlichen Buchhandlungen von Heiligenhaus, Ratingen und Velbert und im Scala Verlag erhältlich.