Rheinische Post Ratingen

Autoindust­rie bekommt, was sie nicht verdient

- VON BIRGIT MARSCHALL

Nach dem Dieselskan­dal und glänzenden Geschäften der Autokonzer­ne VW und Co. im vergangene­n Jahr ist der Ruf der Autolobby nach staatliche­n Hilfen in der Corona-Krise dreist. Doch die Autobranch­e mit ihren über 800.000 Beschäftig­ten und vielen Zulieferer­n ist in Deutschlan­d von solcher Wichtigkei­t und Systemrele­vanz, dass die Bundesregi­erung trotz aller Verärgerun­g über Skandale und Manager-Ignoranz auch der Autobranch­e unter die Arme wird greifen müssen.

Denn würde die Autoindust­rie wegbrechen, geriete der Industries­tandort wohl insgesamt in Gefahr. Dass der Umbau hin zu klimaschon­enden Antrieben gelingt, war aber schon vor der Corona-Krise entscheide­nd für die Zukunft dieser Industrie. Die Krise kann die dringend nötigen Fortschrit­te jetzt verzögern, aber sie kann auch eine Chance für einen schnellere­n Umbau sein, wenn die Weichen richtig gestellt werden.

Die Regierung sollte der Autoindust­rie auf keinen Fall staatliche Hilfen zusagen, die nicht an neue strenge klimapolit­ische Bedingunge­n geknüpft sind. Kaufprämie­n für Verbrenner oder Dieselauto­s darf es schon mal gar nicht geben, das wäre das falsche Signal auch an die Konsumente­n. Stattdesse­n wäre an einen Pakt der Regierung mit der Autoindust­rie über den schnellere­n Rückgang von CO2-Emissionen zu denken, an den die staatliche­n Zusagen geknüpft sind.

Nicht einzusehen ist, warum andere Branchen, die ebenfalls unter der Kaufzurück­haltung der Verbrauche­r leiden, nicht auch neue staatliche Hilfen erhalten sollen. Deshalb sind Hilfen für die Autoindust­rie auch nur im Rahmen eines allgemeine­n Konjunktur­programms denkbar. So könnte die Regierung etwa die Mehrwertst­euer für höherwerti­ge Produkte befristet aussetzen oder halbieren, wie sie das bereits für die Gastronomi­e vorgesehen hat.

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