Autoindustrie wirbt für neue Abwrackprämie
Der Absatz ist eingebrochen, der Ruf nach staatlichen Hilfen wird lauter. Doch Ökonomen sind skeptisch.
BERLIN (mar/frin) Wenn es um die Lage der Autoindustrie geht, klingen Betriebsräte und Börsen-Analysten momentan ganz ähnlich. Die Kunden interessierten sich derzeit nicht für einen Autokauf. „Unsere Neuwagenlager stoßen bereits heute an ihre Grenzen“, schrieb Betriebsratschef Bernd Osterloh in einem Brief an die Belegschaft. „Die Coronavirus-Krise ist von den wirtschaftlichen Auswirkungen her deutlich gravierender als 9/11 oder die Finanzkrise“, sagt Frank Schwope, der für die Nord LB die Automobilbranche analysiert.
Auto-Produktion und -Absatz könnten in diesem Jahr nach Schätzungen der Bank weltweit um zehn bis 20 Prozent einbrechen. Daimler und Volkswagen kündigten rote Zahlen für das zweite Quartal an, viele Zulieferer sind in Schieflage geraten. Der Ruf nach staatlichen Hilfen wie einer Kaufprämie wird daher lauter.
Während Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch
Hilfsbereitschaft signalisierte, lehnten führende Ökonomen staatliche Hilfen wie etwa Kaufprämien nur für die Autoindustrie ab.
Es werde darum gehen, die Autoindustrie zu unterstützen, sagte Altmaier. Dabei müsse der Staat darauf achten, dass der CO2-Ausstoß künftig schneller zurückgehe als ohne staatliche Unterstützung. „Die Autoindustrie ist für das wirtschaftliche Wohlergehen von großer Bedeutung.“
Anders sehen das Ökonomen. „Die Bundesregierung muss nicht auf jeden Ruf der Autoindustrie nach speziellen Subventionen gleich reagieren“, sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität St. Gallen. „Es wäre ein Fehler, nur der Autoindustrie zu helfen, nicht aber der Möbelindustrie oder anderen Herstellern höherwertiger Produkte.“Der Staat müsse für einen Nachfrageschub für alle höherwertigen Produkte sorgen, weil sich bei den Konsumenten aus Angst vor der Zukunft eine Kaufzurückhaltung zeige. „Der Staat sollte daher befristet auf drei bis sechs Monate für alle Produkte über 10.000 Euro die Mehrwertsteuer aussetzen.“
Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW ), erklärte, es gebe heute anders als in der Finanzkrise 2009 kein Problem bei der Finanzierung von Autokäufen. „Die Menschen haben viel Liquidität und kommen leicht an Kredite mit sehr guten Konditionen“,
sagte Felbermayr. Anders als 2009 hätten viele Hersteller Probleme mit ihren Lieferketten. „Diese Probleme müssen so schnell wie möglich beseitigt werden. Eine Kaufprämie hilft hier indes nicht“, so der IfW-Chef.
„Besser als ein Flickenteppich von Hilfsprogrammen für einzelne Branchen ist ein Gesamtkonzept, von dem alle Unternehmen gleichermaßen profitieren“, sagte ach Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Regierung solle sich „Gedanken darüber machen, was sie gegen die vielen Schulden tun kann, die die Unternehmen notgedrungen aufnehmen müssen, um während des Lockdowns liquide zu bleiben“, so Krämer.
Nach Vorstellung des VW-Betriebsrats sollte ein Fördermodell eine „Impuls-Prämie“für Neuwagenkäufe inklusive Leasing umfassen, die auch für moderne Verbrenner gilt und junge Gebrauchtwagen gilt.