Arbeiten und Beten, als ob…
Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen… Die ersten biblischen Sätze zur Arbeit sind desillusionierend: Eva soll unter Schmerzen Kinder gebären, Adam darf mit Disteln und Dornen bei der Ackerarbeit rechnen. Beziehungsstress zwischen Mann und Frau gibt es gratis.
Aus der Frühgeschichte Israels wissen wir, dass Sklavenarbeit zu den Grundfesten der antiken Kulturen gehörte. Bei den Propheten wird der Überlebenskampf des Einzelnen gegen die ausbeuterische Politik der Wohlhabenden angemahnt. Der weise Prediger rät pragmatisch: Iss dein Brot, trink deinen Wein und sei fröhlich dabei! Denn Gott hat schon lange sein Ja dazu gegeben.
Von Jesus hören wir den provokativen Aufruf, jedem Tag seine eigene Sorge zu lassen und alles andere Gott anzuvertrauen. Den Mönchen verdanken wir das berühmte „Ora et Labora“. Die Reformatoren haben festgehalten, dass alle Tätigkeiten Gottesdienst und Berufung sein können. Seit der Frühindustrialisierung wissen wir von entfremdeter Arbeit, bei der
Vieles zu kurz kommt – Sinn, Anerkennung, Gesundheit, Lohn. Bis heute ist es wichtig und notwendig, für gerechtere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
In Zeiten von Corona sind vor allem die systemrelevanten, weniger honorierten und wertgeschätzten Berufsgruppen im Blick. Alle genannten Aspekte und Sichtweisen auf die Arbeit, ihren Sinn und ihren Stellenwert mögen weit auseinander liegen – in einer Hinsicht sind sie eng verbunden: Für alles Tun und Lassen bedarf es Menschen, die bereit sind, Wort und Tat, Beruf und Freizeit, Amt und Ehrenamt, Freud und Leid, irdisches Leben und Seligkeit, Liebe zu Gott, dem Nächsten und sich selbst in ein fruchtbares, spannungsvolles und dynamisches Miteinander zu bringen. Wie diese Balance im Alltag eingeübt werden kann, hat Martin Luther auf den Punkt gebracht: Bete so, als ob alles Arbeiten nichts nützt. Und arbeite so, als ob alles Beten nichts nützt.
PFARRER DANIEL KAUFMANN, EVANGELISCHEN JONAKIRCHE, LOHAUSEN