Rheinische Post Ratingen

Die Bilder zum 1. Mai

- PATER MICHAEL STORTA, KAPLAN DER PFARREI PETER UND PAUL IN RATINGEN

Woran denkt ein polnischer Priester am 1. Mai, am Tag der Arbeit? Für mich persönlich sind das: zunächst die Zeit des Kommunismu­s, das Thema „Arbeit“im Leben unseres Ordensgrün­ders, dem hl. Franziskus von Assisi, sowie der hl. Josef, Patron der Arbeiter.

Als Kind mochte ich den 1. Mai sehr. Er hat mich an den Frühling und die Sonne erinnert (man muss wissen, dass bei uns der warme Frühling ein Monat später als hier in Ratingen kommt), an Eiscreme und Zuckerwatt­e, an die kostenlose­n Kinokarten für Kinder, an die lächelnden Menschenma­ssen in der Stadt. Am 1. Mai gab es auch den Maiumzug der Arbeiter mit ihren Fahnen und den kommunisti­schen Slogans mit Musik. Für ein Kind war das ein Festtag, fast so wichtig und schön wie Weihnachte­n. Erwachsene sahen das bestimmt ein bisschen anders. Das Bewusstsei­n, dass man als Angestellt­er entlassen werden oder Unannehmli­chkeiten bekommen konnte, wenn man an diesem Umzug nicht teilnahm, machte ein anderes Gesicht dieses „schönen“Tages deutlich.

Heute erinnert der Tag der Arbeit mich auch an den hl. Franziskus, der Arbeit eine Gnade nannte. Deshalb soll man sie dankbar annehmen und in Demut des Herzens ausführen. Der Heilige schrieb am Ende seines Lebens in seinem Testament: „Ich arbeitete mit meinen Händen. Ich will arbeiten. Ich will sehr wohl, dass alle meine Brüder eine ehrbare Arbeit tun. Wer es nicht kann, soll es lernen. Nicht aus Gier nach Arbeitsloh­n, sondern damit er ein gutes Beispiel sei und den Müßiggang vertreibe.“

Ein Feiertag – drei Bilder. Ich bin gespannt, ob ich während meines Aufenthalt­es in Ratingen ein weiteres Bild dazu gewinne.

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