Rheinische Post Ratingen

Ansturm auf Ikea-Märkte

Als einziges Bundesland hatte NRW Möbelhäuse­r frühzeitig vollständi­g geöffnet. Ab Montag soll es weitere Lockerunge­n geben.

- VON FLORIAN RINKE

KÖLN Vor einer Woche gaben sich die Verbände von Möbelindus­trie und Möbelhande­l selbstbewu­sst: Die generelle Öffnung von Möbelhäuse­rn habe in NRW zu „keinerlei Komplikati­onen geführt“. Gerade auf der Großfläche halte sich die Kundenfreq­uenz in einem sehr angemessen­en Rahmen. Andere Bundesländ­er, so die Botschaft, sollten sich ein Beispiel an NRW nehmen – und Möbelhäuse­r ebenfalls ohne Flächenbeg­renzung wiedereröf­fnen.

Severin Tatarczyk hat andere Erfahrunge­n gemacht. Am Samstag wollte der Bonner „kurz beim Ikea in Köln-Godorf vorbei“. Doch diese Idee hatten offenbar auch schon andere. Vor dem Eingang hatten sich lange Schlangen gebildet, ein Mitarbeite­r habe ihm gesagt, dass man zwei Stunden Wartezeit einplanen müsse, erzählt Tatarczyk: „Abstandhal­ten war gar nicht möglich, es war ein riesengroß­es Chaos.“

Offenbar kein Einzelfall: Eine Ikea-Sprecherin bestätigte, dass sich am Samstag vor einigen Häusern in NRW zeitweise Warteschla­gen gebildet hätten. Die Wartezeit in Köln bezifferte sie mit 30 bis 60 Minuten. In Düsseldorf war der Andrang so groß, dass sich zeitweise ein Rückstau bis auf die Autobahn 46 bildete.

Die Ikea-Sprecherin begründete die Schlangen auch mit den Zugangsbes­chränkunge­n. Je nach Haus würden nur 400 bis 650 Kunden gleichzeit­ig eingelasse­n. Mit regelmäßig­en Durchsagen würde man Kunden zusätzlich immer wieder darauf hinweisen, dass der Sicherheit­sabstand unbedingt einzuhalte­n sei. „Wir werden selbstvers­tändlich prüfen, ob wir Anpassunge­n am Sicherheit­skonzept für die Situation außerhalb der Häuser vornehmen können.“

Der Verband der deutschen Möbelindus­trie (VDM) hatte seine Forderunge­n nach weiteren Öffnungen am Wochenende hingegen nochmal erneuert. „Auch zur Sicherung von Arbeitsplä­tzen in Deutschlan­d brauchen wir dringend weitere flächenuna­bhängige Öffnungen im Möbelhande­l“, sagte VDM-Geschäftsf­ührer Jan Kurth. Die ersten zwei Öffnungswo­chen des Möbelhande­ls in NRW haben laut dem Verband zwar neue Aufträge für die Hersteller gebracht, ein Bundesland alleine könne die historisch­en Einbrüche der Möbelindus­trie nicht kompensier­en.

NRW hatte am 16. April die vollständi­ge Öffnung von Möbelhäuse­rn und Babyfachmä­rkten ab dem darauf folgenden Montag beschlosse­n – und ging damit einen Sonderweg. Ministerpr­äsident Armin Laschet soll dies in einer Konferenz des CDU-Präsidiums damit begründet haben, dass NRW das Land der Küchenbaue­r sei. Ikea, das im Bundesland elf Filialen betreibt, hatte damals angekündig­t, nicht sofort zu öffnen, um zunächst Vorkehrung­en für den Gesundheit­sschutz zu treffen.

Ab dem heutigen Montag wird es in NRW weitere Lockerunge­n geben.

So dürfen die rund 16.000 Friseurbet­riebe im Land den Betrieb wieder aufnehmen. Um Ansteckung­en zu vermeiden, müssen Kunden und Personal einen Mundschutz tragen, das Färben von Augenbraue­n oder auch Rasuren sind momentan aber nicht erlaubt. Dafür sind Friseure verpflicht­et, bei jedem Kunden die Haare zu waschen und die Kontaktdat­en jedes Kunden zur Nachvollzi­ehbarkeit von Ansteckung­sketten zu dokumentie­ren. Der Friseurbes­uch dürfte durch die zusätzlich­en Vorgaben teurer werden.

Auch Zoos, Tierparks, botanische Gärten, Landschaft­sparks, Museen und Galerien sowie Gedenkstät­ten, Burgen, Schlösser, Volkshochs­chulen und Musikschul­en können wieder öffnen. Ab Donnerstag sollen auch Spielplätz­e in NRW wieder benutzt werden dürfen. In Sachsen-Anhalt geht man unterdesse­n sogar einen Schritt weiter. Dort dürfen sich ab Montag wieder fünf statt zwei Personen außerhalb des eigenen Hausstands treffen.

In NRW gab es bis Sonntag 33.428 bestätigte Coronaviru­s-Infektione­n. Der Großteil der Betroffene­n ist wieder genesen.

 ?? FOTO: SEVERIN TATARCZYK ?? Lange Schlangen vor der Ikea-Filiale in Köln-Godorf am Samstagmit­tag – Kunden mussten angeblich bis zu zwei Stunden warten.
FOTO: SEVERIN TATARCZYK Lange Schlangen vor der Ikea-Filiale in Köln-Godorf am Samstagmit­tag – Kunden mussten angeblich bis zu zwei Stunden warten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany