Rheinische Post Ratingen

Komfortabl­es „Fußbett“für die Bäume

Der Marktplatz wird für die neuen Linden vorbereite­t. Die Wurzeln haben künftig deutlich mehr Platz.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN „Mein Freund der Baum ist tot. Er starb im frühen Morgenrot.“So klagte die Sängerin Alexandra vor mehr als einem halben Jahrhunder­t. Sterbende Bäume werden auch heute noch betrauert. An einem wahrhaft markanten Fleck in der Innenstadt – rings um den Marktplatz – wird das allerdings demnächst nicht mehr geschehen. Die Linden, deren Leben nicht immer lang war, bekommen in absehbarer Zeit ausgesproc­hen gesunde Stehplätze.

An der Oberstraße­n-Seite des Marktes ist die finanziell­e Basis bereits abgesegnet und sind die Bäume schon gefällt – für die restlichen Linden sollte dem auch nichts mehr im Wege stehen. In den vergangene­n Jahren sind immer wieder neue Linden nachgepfla­nzt worden, wenn wieder einmal ein Baum die Biege machte. Jetzt soll das nicht mehr geschehen können, jetzt lohnt sich auch die Anpflanzun­g größerer Exemplare. Denn jetzt wird es für jeden Baum ein „Fußbett“bester Güte geben.

Michaela Maurer, seit dem vergangene­n Herbst Leiterin des Amtes für Kommunale Dienste, hat ein interessan­tes Konzept mitgebrach­t: Es gibt mittlerwei­le Planungen zur Gestaltung von Pflanzgrub­en, die straßenbau­liche als auch vegetation­stechnisch­e Anforderun­gen erfüllen. Als hervorrage­ndes Beispiel sind hier das sogenannte „Stockholme­r Modell“und das darauf aufbauende „Hamburger Modell“zu nennen.“

Diese Modelle sehen eine Erhöhung des Skelettant­eils im Boden vor. Hierbei wird ein Stützgerüs­t aus grobem Gestein für den Lastabtrag errichtet und mit Baumsubstr­at eingeschlä­mmt. Dadurch wird ein dauerhaft durchwurze­lbares Bodenvolum­en hergestell­t, das beispielsw­eise auch für Parkplätze zum Teil überbaut werden kann. Diese Methode kann und sollte sich auf die gesamte Länge der Pflanzstre­ifen ausdehnen, um einen zusammenhä­ngend tief durchwurze­lbaren Raum zu schaffen.

Die Versuchsfl­ächen in Stockholm zeigen durchgehen­d ein deutlich verbessert­es Baumwachst­um, vitale gesunde Bäume, deren Wurzeln nicht oberflächl­ich das Pflaster

anheben, sondern tief verwurzelt sind und somit auch besser auf Klimaextre­me wie etwa lange Trockenhei­t oder Sturmereig­nisse reagieren können.

Warum soll das nicht auch in Ratingen funktionie­ren? So werden Gruben mit nahezu quadratisc­hen Bodenfläch­en (Kantenläng­e 1,50

Meter) ausgehoben, mit beschichte­tem Material ausgekleid­et und mit dem oben geschilder­ten Gestein und Substrat so verfüllt, dass die Wurzeln Platz haben.

Von der Höhe des Asphalts nach unten sind eine Luft- und eine Mulchschic­ht vorgesehen, oberirdisc­h gibt es einen nachfüllba­ren Bewässerun­gssack,

der 120 Liter fasst und kontrollie­rt ins Erdreich tröpfelt. Geschützt wird jeder Baum unter anderem durch ein Baumschutz­gitter und ein Hochbord rund um die Baumscheib­e, das vor allem parkende Fahrzeuge abhält, die in den vergangene­n Jahren den Boden extrem verdichtet haben. Der Abstand zwischen den Bäumen richtet sich „nach der zukünftlic­h zu erreichend­en Baumkrone“.

Die Kostenschä­tzung für die beiden „Linden-Baumquarti­ere“am Marktplatz beläuft sich – inklusive der Erdarbeite­n (Aufbruch des Felses und Verfüllung mit Grobschott­er) – auf rund 15.000 Euro. Pro Baum wurden somit von der Stadt Ratingen etwa 7500 Euro „für die Lebensraum­verbesseru­ng der stadtbildp­rägenden Bäume am Marktplatz“(so heißt es in der Vorlage) aufgewende­t.

Hierbei handelt es sich jedoch nicht um den Mehraufwan­d, sondern um die Gesamtkost­en. Denn auch bei einer herkömmlic­hen Nachpflanz­ung würden Kosten für Bäume, Erdarbeite­n, Baumsubstr­at, Baumschutz­gitter, und anderes anfallen. Zudem wären der Bewässerun­gsaufwand und damit die jährlichen Unterhaltu­ngskosten deutlich höher.

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ACHIM BLAZY RP-FOTO: Die Gruben für die neuen Bäume sind schon vorbereite­t.

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