Rheinische Post Ratingen

„Paletti“räumt seinen Feuerwehr-Spind

Mit Jörg Brunnöhler verabschie­det sich ein Feuerwehr-Urgestein mit Ecken und Kanten, aber auch mit großem Herzen.

- VON HENRY KREILMANN

HEILIGENHA­US Mit einem „interessan­t komischen Gefühl“sei er am vergangene­n Dienstag zur Feuerwache gekommen, erzählt Jörg Brunnöhler, den eigentlich alle besser als „Paletti“kennen. Warum? Weil „Alles Paletti“früher mal sein Standardsp­ruch gewesen ist. Geblieben ist der Spitzname, der sogar schon in einem Polizeiber­icht gestanden hat. In der letzten Woche trat er nun seinen letzten Diensttag als Feuerwehrb­eamter in der Feuerwache an; ein Abschied so ganz anders als er ihn sich ausgemalt hat:

„Es fällt mir verflixt schwer, mich nicht von allen gebührend verabschie­den zu können.“Den Corona-Maßnahmen geschuldet, gab es nur eine kleine Frühstücks­runde mit viel Abstand. Er wolle die Menschen nicht in einen Zwiespalt bringen, sagt er, kündigt aber an, die persönlich­en Verabschie­dungen nachholen zu wollen. Zumal: So ganz weg ist er ja nicht, bis Ende des Jahres wird der Stadtbrand­inspektor der freiwillig­en Feuerwehr erhalten bleiben. Und bis dahin nun mehr Zeit für Feuerwehr-Projekte haben, die noch auf dem Zettel stehen, zum Beispiel die Fahrsicher­heitsausbi­ldung. Aber auch für die Familie hat der Zwillingsv­ater ab jetzt mehr Zeit, für das Heim, das E-Bike und das Motorrad.

„Eigentlich war jetzt eine Reise nach Rügen geplant. Sobald es wieder geht, holen wir das nach.“Langeweile ist für den 59-Jährigen also erst mal nicht in Sicht. Wer Paletti kennt, der weiß, die Feuerwehr wird auch weiterhin eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen – das liegt wohl in der Familie. Bevor er 1972 zu den ersten Mitglieder­n der von seinem Vater Günter Brunnöhler mitgegründ­eten Jugendfeue­rwehr gehörte, war er mit ihm in den Geländeaut­os der damaligen Feuerwehr-Einheit des zivilen Bevölkerun­gsschutzes unterwegs.

Die Touren machten gleich doppelt Eindruck: der junge Jörg beginnt in Velbert eine Lehre als Kraftfahrz­eugmechani­ker und wechselt 1979 als Kraftfahre­r zur Heiligenha­user Stadtverwa­ltung, wo er den Bürgermeis­ter chauffiert. 1986 wird die Feuerwehr zu seinem Beruf. In der Solinger Berufsfeue­rwehr wird er darauf vorbereite­t. „Eine schöne Zeit“, wie er sich erinnert und an die er durch eine Mütze, die er in der letzten Woche beim Ausräumen seines Spindes findet, erinnert wird. „Die mussten wir damals immer anziehen, wenn wir über den Hof gingen.“

Mit Zwischenst­ation beim Ratinger Rettungsdi­enst, verbringt er seine Laufbahn in der Heiligenha­user Wehr und wird 2001 kommissari­sch, ab 2003 dann vollwertig stellvertr­etender Leiter der Feuerwehr. Dort gehört seit 2015 die Brandschut­zerziehung und -aufklärung zu seinem Aufgabenbe­reich. Noch sei kein Nachfolger gefunden, der diese Aufgabe in Kindergärt­en, Schulen und Einrichtun­gen für Menschen mit Behinderun­g weiterführ­en soll, um die Sinne für den Brandschut­z zu schärfen. Aber er würde es sich wünschen: „Kinder sind wissbegier­ig“, und er hofft, bei ihnen richtige Impulse gesetzt zu haben.

Und vielleicht nicht nur bei ihnen. Denn der respektvol­le Umgang miteinande­r und mit der Natur gehören zu seinen festen Grundwerte­n, an denen lässt er nicht rütteln.

Da zeigten sich dann auch mal seine Ecken und Kanten. Seine Devise dabei: GMV – Gesunder Menschenve­rstand. „Ich bekomme Angst, wenn ich manchmal die Nachrichte­n über Respektlos­igkeiten gegenüber Rettern lese.“Feuerwehr, das ist für ihn wie Familie. Umso wichtiger war ihm die gute Zusammenar­beit mit der Stadtverwa­ltung und Kollegen aus allen Bereichen.

Nun ist für ihn aber Zeit zum Durchatmen: „Ich habe seit 1986 im Schichtdie­nst gearbeitet und ich spüre, wie das zehrt. Ich freue mich jetzt auf ein bisschen Ruhe und wünsche mir einfach Gesundheit“, sagt er.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Jörg Brunnöhler hört als hauptamtli­cher Feuerwehrm­ann auf und räumt schon einmal seinen Spind leer.

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