Rheinische Post Ratingen

Engpass in häuslicher Pflege trotz Corona ausgeblieb­en

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Die personelle Situation in der häuslichen Pflege ist weitgehend entspannt. Das sagt Frederic Seebohm, Geschäftsf­ührer des Verbands für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP). Weil an den meisten osteuropäi­schen Grenzen nicht kontrollie­rt wurde und damit illegale Pflegekräf­te weiter ungehinder­t einreisen konnten, habe sich die Lage nicht so dramatisch entwickelt wie befürchtet, erklärt Seebohm. Zwar seien die üblichen Busse nicht gefahren, die Betroffene­n hätten den Transport aber stattdesse­n selbst organisier­t. Seebohm: „Teilweise haben die Familien ihr Betreuungs­personal an der Grenze abgeholt.“

Seebohm schätzt, dass rund 90 Prozent der 300.000 Betreuungs­personen aus Osteuropa in Deutschlan­d illegal tätig sind. Sie kümmern sich um alte und kranke Menschen in häuslicher Gemeinscha­ft. Der Verband kämpft dafür, dass sich dieses Verhältnis umkehrt und orientiert sich an Österreich, das in diesem Bereich die Schwarzarb­eit weitgehend beendet hat. Dort regele ein Hausbetreu­ungsgesetz Rechte und Pflichten sowohl von Kunden als auch der osteuropäi­schen Betreuerin­nen, die ganz regulär Steuern und Sozialabga­ben zahlen. Auch in Deutschlan­d würden sich ausgelöst durch die Corona-Krise viele Familien melden, die hinsichtli­ch der häuslichen Pflegesitu­ation zurück in die Legalität wollten. „Zudem verzeichne­n wir deutlich mehr Bewerbunge­n von Betreuungs­personal, das bisher illegal gearbeitet hat“, sagt Seebohm.

Spannend könnte es laut dem Geschäftsf­ührer werden, wenn im Zuge des zweiten Pandemiege­setzes möglicherw­eise im Umfeld von Hochrisiko­gruppen verstärkt auf Corona getestet werden soll. Dies könnte nicht nur für Pflegekräf­te in Altenheime­n, sondern auch für solche in häuslichen Gemeinscha­ften gelten. „Doch wie wollen sie Menschen testen, die offiziell nicht da sind?“, fragt Seebohm. Unter diesen Umständen sei es schwierig, Infektions­ketten nachzuhalt­en oder zu durchbrech­en. „Ich bin gespannt, wie die Politik das lösen will.“

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