Rheinische Post Ratingen

Pläne für reine Bundestags-Briefwahl

Die große Koalition bereitet ein Gesetz für Notlagen vor – zum Beispiel Pandemien.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Union und SPD wollen die nächste Bundestags­wahl coronafest machen. Zu diesem Zweck soll in ein laufendes Gesetzgebu­ngsverfahr­en die Möglichkei­t eingebrach­t werden, Bundestags­wahlen künftig in Notlagen wie etwa Pandemien als reine Briefwahle­n durchzufüh­ren. Das bestätigte­n Innen- und Rechtsexpe­rten von Union und SPD.

Noch Beratungsb­edarf hat die Koalition bei der Frage, ob im Vorfeld auch die Kandidaten­aufstellun­gen schon auf Briefwahle­ntscheidun­gen umgestellt werden können. Die SPD ist hier zurückhalt­end und wünscht sich eine andere Lösung. „Es geht bei solchen Beratungen nichts über Präsenz“, sagte die innenpolit­ische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Vogt. Sie verwies auf örtliche Versammlun­gen, bei denen schon einmal sechs Kandidaten zur Auswahl stünden. Das alles mit schriftlic­hen Bewerbunge­n und Nachfragen bewerkstel­ligen zu wollen, sei doch sehr schwierig. Deshalb kann sich die SPD vorstellen, in Pandemie-Zeiten den Delegierte­n-Schlüssel so zu verringern, dass die Wahlversam­mlungen auch in kleinerer Besetzung beschlussf­ähig sind und die einzelnen Delegierte­n genügend Abstand zueinander halten können.

Auch CDU-Rechtsexpe­rte Ansgar Heveling will aus diesem Grund den Verzicht auf physische Anwesenhei­t bei der Bewerberau­swahl nur als „absolute Ausnahme“zulassen. Generell sei es jedoch „sinnvoll, für Notfälle die Möglichkei­t zu schaffen, dass Kandidaten­aufstellun­gen und dann die eigentlich­e Bundestags­wahl auch anders durchgefüh­rt werden können als durch Präsenzver­anstaltung­en“.

Die Gesetzesän­derung soll vor der zweiten Lesung in das laufende Verfahren über den Neuzuschni­tt von Wahlkreise­n eingebrach­t werden, der wegen örtlicher Zunahme oder Abnahme von Einwohnerz­ahlen nötig geworden ist. Die Beschlussf­assung ist derzeit auf Geheiß der Fraktionsc­hefs gestoppt worden, um bei einer Verständig­ung auf ein neues Wahlrecht eventuelle Neuzuschni­tte der Wahlkreise noch unterbring­en zu können.

Einig sind sich Union und SPD, für den Corona-Notfall die Bundestags­wahl als reine Briefwahl zu ermögliche­n. Auch für die Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind im kommenden Jahr entspreche­nde Regelungen nötig. Gleiches gilt schon für die nordrhein-westfälisc­he Kommunalwa­hl in diesem September.

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