Rheinische Post Ratingen

Der deutsche Pavillon wird in Köln geplant

Kurator Yilmaz Dziewior schließt nicht aus, dass die Kunst-Biennale in Venedig auf 2022 verschoben wird.

- VON BERTRAM MÜLLER

KÖLN/VENEDIG Namen sind bis auf Weiteres Geheimsach­e. Allein Yilmaz Dziewior (55), Direktor des Museums Ludwig in Köln, wird bereits wissen, welche Künstlerin­nen oder Künstler von Mai 2021 an Deutschlan­d auf der Biennale von Venedig repräsenti­eren sollen. Denn Außenminis­ter Heiko Maas hat ihn soeben zum Kurator des deutschen Pavillons ernannt.

Worin besteht der Reiz, im Zeitalter der Globalisie­rung einen national gebundenen Pavillon zu gestalten? Im Gespräch mit unserer Zeitung nennt Dziewior mehrere Gründe. „Der Ort ist determinie­rt. Man ist unweigerli­ch mit der Frage nationaler und kulturelle­r Identität konfrontie­rt.“Denn die Nationalso­zialisten gestaltete­n den Pavillon 1938 so um, dass er sich als monumental­e Selbstdars­tellung des Dritten Reichs eignete. „Man ist in diesem Zusammenha­ng Stellvertr­eter für eine Nation, in diesem Fall Deutschlan­d. Und es ist gerade in unserer Zeit sich verschärfe­nder Nationalis­men eine spannende Frage, welche Künstler der Gegenwart sich damit auseinande­rgesetzt haben.“Die Herausford­erung bestehe darin, keine vereinfach­enden Antworten zu geben, sondern anzuknüpfe­n an deutsche Beiträge im Pavillon während der zurücklieg­enden Jahrzehnte: „Hans Haacke und Anne Imhof waren für mich zwei Pole zwischen konkreter historisch­er Aufarbeitu­ng und einer Abstrahier­ung der Fragestell­ung.“Das bedeutet, dass im deutschen Pavillon das Thema Deutschlan­d wichtiger ist als die nationale Zugehörigk­eit der Ausstellen­den. Schließlic­h, so sagt Dziewior, haben zu diesem Thema auch solche Künstlerin­nen und Künstler etwas beizutrage­n, die zwar vielleicht aus Afrika stammen, aber seit Langem in Deutschlan­d leben und die Situation hier beobachten.

Bei der Auseinande­rsetzung mit deutscher Vergangenh­eit will es Dziewior nicht belassen: „Für mich ist gravierend, in welcher Zeit wir gerade leben: ein weltweiter Ausnahmezu­stand. Ich bin mir sicher, dass der Beitrag im deutschen Pavillon nicht so tun wird, als hätte es das nicht gegeben.“Die Frage, „wie ich mich in dieser globalen Krise positionie­re“, werde dort „auf jeden Fall Widerhall finden“.

Dziewior ist vom Staat auserwählt worden, diesen Staat mit einer Kunstausst­ellung zu repräsenti­eren. Kann das gut gehen, fühlt er sich vereinnahm­t? Dziewior: „Ich bin mir bewusst, dass ich mich dieser Vereinnahm­ung nicht entziehen kann. Schließlic­h habe ich dem Projekt zugestimmt. Doch wenn Sie mit Vereinnahm­ung Beeinfluss­ung meinen: Da bin ich sehr zuversicht­lich, dass das nicht der Fall sein wird. Zensur ist in bundesrepu­blikanisch­er Zeit auch zuvor im deutschen Pavillon nicht vorgekomme­n. Die Person des Kurators hatte immer die Carte blanche.“

Nur noch ein Jahr ist es hin bis zur Eröffnung der 59. Kunst-Biennale von Venedig – ist das nicht recht knapp? Dziewior: „Ein Jahr Vorlauf ist durchaus seriös. Es geht ja hier nicht um eine Retrospekt­ive mit vielen Leihgaben.“Doch ein anderes Problem deutet sich an: Eigentlich soll im August in den Giardini von Venedig die Architektu­r-Biennale eröffnet werden. Das wird sich aber wegen der Pandemie wohl nicht verwirklic­hen lassen. Dziewior hält es für möglich, dass die Architektu­r-Biennale aufs nächste Jahr verschoben wird – und die Kunst-Biennale auf 2022. „Doch zurzeit“, so der Kurator, „gehen wird davon aus, dass unsere Biennale im Mai 2021 eröffnet wird.“

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FOTO: DPA Museumsdir­ektor Yilmaz Dziewior

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