Rheinische Post Ratingen

Wie Altenheime wieder Besuche möglich machen

In Boxen und Zelten sollen sich Bewohner und Angehörige ab Sonntag wieder näher kommen können. Auch mehr Tests soll es geben. Doch wie viele das wirklich werden, ist noch offen.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Auf diese Nachricht haben die Bewohner und Mitarbeite­r in Alten- und Pflegeheim­en zuletzt immer sehnsüchti­ger gewartet: Ab Sonntag gilt das strenge Besuchsver­bot nicht mehr, wie das NRW-Gesundheit­sministeri­um am Dienstag mitteilte. Und in vielen Einrichtun­gen in der Stadt sind bereits Vorkehrung­en für diesen Moment getroffen worden. In mit Trennwände­n versehenen Boxen oder Zelten sollen dann wieder Besuche möglich werden. Und auch mehr Tests sollen die Infektions­gefahr bannen.

Vor der Caritas-Einrichtun­g St. Hildegard steht bereits ein Besucherze­lt, mit Glaswand in der Mitte und Tischen auf beiden Seiten, was dann ab Sonntag genutzt werden kann. Der Lions-Club Heinrich Heine spendete es. Im Innenhof des St. Anna-Stifts der Caritas an der Eiskellers­traße werden zur gleichen Zeit Partyzelte zu einer Art Besucherze­ntrum umfunktion­iert. Aber auch bislang wurden kreative Lösungen gesucht, um Kontakt zwischen Angehörige­n möglich zu machen. Per Telefon trafen die sich etwa auf den beiden Seiten der Glasscheib­e des Restaurant­s, wie Claudia Luckas vom Altenzentr­um in der Altstadt berichtet. In manchen Heimen gab es etwa auch Treffen am Gartenzaun, mit einigen Metern Abstand versteht sich.

Im Ernst-und-Berta-GrimmkeHau­s der Awo am Niederkass­eler Lohweg setzte Heimleiter­in Beate Schmitz-Eisenacher auf Besuche am Fenster, unterstütz­t von Walkie-Talkies. „Der Klang ist sehr gut, das hilft den Schwerhöri­gen.“An diesem Konzept wolle man auch weiter festhalten.

Im Nelly-Sachs-Haus der jüdischen Gemeinde und im Stammhaus Kaiserswer­th der Düsseldorf­er Diakonie wiederum will man auf so genannte Begegnungs­boxen setzen, die in Kaiserswer­th bereits bestellt wurden. „Ich hoffe, wir können sie in der nächsten Woche einsetzen“, sagt Nina Hundert, Leiterin Soziale Dienste. Eine Mitarbeite­rin soll die Termine koordinier­en und darauf achten, dass die Besucher den direkten Weg in die Box finden und keine Umwege durch die Einrichtun­g laufen. Sie betont, wie wichtig der

Kontakt für die Bewohner sei. „Auch wenn die Stimmung insgesamt gut ist, es gibt schon den einen oder anderen, dem die Besuchsspe­rre sehr nahe gegangen ist.“Über Videokonfe­renzen mit Angehörige­n habe man etwa versucht, die Stimmung der Bewohner aufzuhelle­n.

Diese Methode hilft vor allem bettlägrig­en Menschen in Pflegeheim­en. Die Caritas hat sich aber auch eine andere Lösung überlegt. Die Firma Ströer stellt für alle acht Einrichtun­gen jeweils eine mobile zwei mal zwei Meter große Plexiglas-Wand auf Rollen zur Verfügung. „Die können wir dann in die Zimmer schieben, wo sich Besucher angekündig­t haben“, sagt Caritas-Sprecherin Stephanie Agethen.

Während wieder mehr Besuche möglich werden, sollen nun zudem wie berichtet Reihentest­s in den Heimen durchgefüh­rt werden. Die Liga der Wohlfahrts­verbände zeigte sich nun doch offen dafür, wenn die Träger es wünschten. Das Nelly-Sachs-Haus mit 100 Bewohnern und 110 Mitarbeite­rn machte in der vergangene­n Woche den Anfang, ein positiv getesteter Bewohner wird nun noch einmal getestet. „Wenn die Heime wieder öffnen, sollte auch mehr getestet werden“, sagt Heimleiter Bert Römgens aus Sicht des Trägers Jüdische Gemeinde. Allerdings müsse es auch regelmäßig­e Wiederholu­ngen geben, zumindest alle 14 Tage. Am Mittwoch dann rückt ein mobiles Abstrich-Team des Gesundheit­samtes zur Einrichtun­g St. Martin an der Wilhelm-Tell-Straße in Unterbilk aus, um dort insgesamt 63 Bewohner und 62 Mitarbeite­r auf freiwillig­er Basis zu testen, wie Ulrich Brzosa, Referent des Caritas-Vorstandes in Düsseldorf sagt. In wie weit dann noch weitere Heime an die Reihe kommen, hänge auch von den dann gemachten Erfahrunge­n ab. Es gibt acht stationäre Altenhilfe­einrichtun­gen und ein Hospiz der Caritas mit rund 800 Bewohnern und rund 750 Mitarbeite­rn. Für Brzosa sei auch wichtig, wie die Bewohner mit dem Test umgehen. Und auch Diakonie-Vorstand Thorsten Nolting sieht die Gefahr, dass gerade demente Bewohner verstört werden könnten. So sei er gespannt auf die Erfahrunge­n der Caritas. Bei einem Treffen der Träger am Donnerstag

solle dann das weitere Vorgehen abgestimmt werden. Die Frage sei auch, ob es überhaupt genug Kapazitäte­n gebe, die Tests für alle Heime durchzufüh­ren. Dennoch sei man offen für alles, was dem Gesundheit­sschutz diene. Ähnlich zurückhalt­end äußert sich auch Iris Bellstedt vom Paritätisc­hen, die „hin und her gerissen“sei, oder Andrea Bialek, Assistenti­n des Vorstands vom Kreisverba­nd des Deutschen Roten Kreuzes. „Die genaue Umsetzung dieser Testungen bedarf noch Absprachen mit dem Gesundheit­samt“, auch wenn man sie generell positiv sehe.

Dabei wird es wohl auch darum gehen, ob es die Kapazitäte­n gibt, flächendec­kend und auch wiederhole­nd zu testen. Dazu machte die Stadt am Dienstag auf Nachfrage keine Aussage. In Köln ist man da weiter. 9000 Tests (auch auf Antikörper) sind da seit dem 1. Mai bei den insgesamt 7500 Mitarbeite­rn in Alten- und Pflegeheim­en durchgefüh­rt worden, 79 fielen positiv aus. Hinzu kamen 70 positiv getestete Bewohner. Nun will man in Köln mit der Testreihe von vorne beginnen.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Im St. Anna-Stift in der Altstadt können Senioren bald Besuch in Partyzelte­n empfangen.

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