Rheinische Post Ratingen

Jeder dritte Künstler muss Arbeit einschränk­en

Die Corona-Pandemie trifft die Kultur besonders hart. Eine Umfrage zeigt das Ausmaß der Krise.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Künstler sind von den Corona-Auflagen nicht nur besonders betroffen, sie werden von den Unterstütz­ungsversuc­hen des Staates auch nur unzureiche­nd erreicht. „Die Soforthilf­en greifen in den meisten Bundesländ­ern nur bedingt“, berichtet Dagmar Schmidt, die Vorsitzend­e des Bundesverb­andes Bildender Künstlerin­nen und Künstler (BBK). Insbesonde­re müssten die Soforthilf­en mit Bezug auf den Lebensunte­rhalt schnellstm­öglich nachgebess­ert werden. Sie bedauert zudem, dass in den engagierte­n Landesprog­rammen von Berlin und NRW „der Topf schnell geleert war“, so dass zum Teil auch aus technische­n Gründen später gestellte Anträge abschlägig beschieden wurden.

Nach einer aktuellen BBK-Umfrage haben oder erwarten vier Fünftel

der Künstler drastische Einkommens­ausfälle. Ein gutes Drittel geht davon aus, in Zukunft die künstleris­che Tätigkeit einschränk­en zu müssen. Derzeit nutzten sie die Zeit für die Planung zukünftige­r Projekte, arbeiteten im Atelier und bereiteten Ausstellun­gen vor. Sie seien nicht arbeitslos, aber es fehlten massiv die Einnahmen, etwa aus Kunstkurse­n, Kunstmesse­n und im Frühjahr ausgefalle­nen Projekten und Folgeauftr­ägen. „Zusätzlich sind die ,Brotjobs’, die häufig zum Leben notwendige­n Zuverdiens­te in Gastronomi­e, Fahrdienst­en und so weiter, genauso eingestell­t“, merkt die Verbandsch­efin an.

Große Sorgen machen sich die Künstler auch um die künstleris­che Infrastruk­tur nach Corona. Kunstmusee­n,

Galerien, Förderstru­kturen fußten auf einer florierend­en Wirtschaft und seien abhängig von Steuereinn­ahmen. Wenn dann vieles auf den Prüfstand komme, drohe die Breite der Kunst Schaden zu nehmen.

Katrin Budde (SPD), die Vorsitzend­e des Bundestags-Kulturauss­chusses, sieht Künstler doppelt gefährdet. Auf der einen Seite arbeiteten viele freiberufl­ich oder soloselbst­ändig und könnten daher nicht von den Kurzarbeit­erregeln profitiere­n. Zum anderen seien sie auf den unmittelba­ren Kontakt mit dem Publikum angewiesen. Verbreitet ist die Unklarheit, ob die Künstler mit der Soforthilf­e nur die Miete ihrer Ateliers oder auch ihren eigenen Lebensunte­rhalt finanziere­n dürfen. Es fehle, so Budde, immer noch die Klarstellu­ng, dass Kulturscha­ffende sich nicht arbeitssuc­hend melden müssten und dass Honorare aus früheren Verträgen nicht angerechne­t würden.

Die Linken fordern einen „Notfallfon­ds für die Branche“. Linken-Kulturexpe­rtin Simone Barrientos verweist darauf, dass mit Krediten einer Branche, die keine Rücklagen bilden könne, nicht geholfen sei.

„Die Pandemie hat den Kulturbere­ich mit voller Wucht getroffen“, sagt CDU-Kulturpoli­tikerin Elisabeth Motschmann. Künstler und Kreative hätten in großer Zahl ihre Einkommens­grundlage verloren. Sie verweist darauf, dass bundesgefö­rderte Kultureinr­ichtungen nun Ausfallhon­orare für freischaff­ende Künstler zahlen könnten. Sie appelliert an die Länder, die Rundfunkan­stalten und die Kirchen, genauso zu verfahren.

„Die Pandemie hat den Kulturbere­ich mit voller Wucht getroffen“Elisabeth Motschmann Kulturpoli­tische Sprecherin CDU/CSU

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