Henkel verzichtet auf Milliarden-Zukauf
Das Klebstoffgeschäft leidet unter der Corona-Krise. Kurzarbeit ist dennoch kein Thema, die Dividende wird nicht gekürzt.
DÜSSELDORF Nur kurz, nachdem Henkel-Chef Carsten Knobel am Montagfrüh die Quartalszahlen erläutert hatte, meldeten die Nachrichtenagenturen eine auch für den Düsseldorfer Konzern wichtige Information: Die bekannte Markengruppe Wella des US-Konzerns Coty geht nicht an Henkel, sondern zu 60 Prozent an KKR. Der US-Finanzinvestor muss dafür rund 2,6 Milliarden Dollar bezahlen, die Minderheit von Wella bleibt erst einmal bei Coty.
Für Knobel kam der Bericht nicht überraschend. Denn obwohl die Wella-Marken gut zur angeschlagenen Kosmetiksparte von Henkel passen würden und obwohl Henkel sie schon vor Jahren einmal kaufen wollte, hatte der Henkel-Vorstand sich bereits vor Wochen aus dem
Bieterstreit zurückgezogen. Das erfuhr unsere Redaktion von Marktteilnehmern. Henkel sei der Preis zu hoch erschienen, außerdem scheute man einen Kauf mitten in der Corona-Krise. Kartellbehörden hätten den Deal viele Monate lang prüfen müssen – keine gute Aussicht im globalen Abschwung.
Den Rückzug hatte Knobel bei der Erläuterung der Quartalszahlen angedeutet, obwohl er den Bieterstreit offiziell nicht kommentiert. Henkel habe zwar sehr viel Eigenkapital und werde gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen, sagte er. Aber zu teure Zukäufe lehne er ab.
Knobel ergänzte, der Konzern werde keine Staatshilfe beantragen, Kurzarbeit sei kein Thema. Die angekündigte Dividende in Höhe von 1,85 Euro pro Vorzugsaktie soll von der virtuellen Hauptversammlung
am 17. Juni in voller Höhe genehmigt werden. „Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem engagierten globalen Team gut aufgestellt sind“, so Knobel.
Im operativen .Geschäft läuft es schlecht bei der Klebstoffsparte, auf die fast die Hälfte des Konzerngeschäftes entfällt. Weil massenhaft Aufträge der Autohersteller und der Flugzeugbauer einbrachen, ging der Umsatz im ersten Quartal um 4,3 Prozent herunter. Stark im Aufwind ist dagegen das Geschäft mit Waschund Reinigungsmitteln, das im ersten Quartal um 5,3 Prozent wuchs. Persil hat um mehr als zehn Prozent zugelegt, ebenso die Markenfamilien Pril, Bref und Somat.
Der Henkel-Chef geht davon aus, dass die Menschen weltweit in den nächsten Jahren mehr auf Sauberkeit und Hygiene achten werden. In vielen Ländern würden Desinfektionsprodukte der Marke Lysoform in die Läden kommen, antibakterielle Handgeschirrspülmittel soll es in der Türkei geben, in Deutschland soll ein spezielles Handdesinfektionsmittel unter der bekannten Marke
Fa starten. Auch ein Start unter dem Namen Pril wird geprüft. Wirtschaftsingenieur Knobel verspricht, liefern zu können: „Wir kommen bisher nicht an Kapazitätsgrenzen. Wir haben flexibel nutzbare Anlagen.“
Sorgenkind der Düsseldorfer bleibt die Kosmetiksparte rund um die Marke Schwarzkopf. Der Umsatz ging organisch um 3,9 Prozent zurück, wobei das professionelle Friseurgeschäft wegen geschlossener Salons in vielen Ländern zeitweise brach lag. Henkel bot professionellen Kunden an, Zahlungen aufzuschieben.
Über alle Sparten hinweg ging der Umsatz nur um 0,8 Prozent zurück. Wie es weitergeht, wagt der Vorstand nicht zu prognostizieren. Das zweite Quartal werde bestimmt „schwierig“, so Knobel.