Nordrhein-Westfalen lässt die Kinder im Stich
Gerne sprechen Politiker darüber, wie wichtig Bildung ist. Deutschland habe wenig Rohstoffe im Boden, umso wichtiger sei es, den Rohstoff in den Köpfen zu fördern. In der Tat spielt es bei der Frage, wie groß der Wohlstand eines Landes ist, nicht ausschließlich eine Rolle, wie viel Öl und Gold es im Boden hat. Langfristig entscheidender ist der Produktionsfaktor Wissen.
Mit dem Wert der Bildung begann unlängst auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ihre Ausführungen, als sie die Lockerungen der Corona-Auflagen für Schulen verkündete. Doch die Realität sieht traurig aus: Viele Schüler der Sekundarstufe I kommen gerade mal auf drei Präsenztage bis zu den Sommerferien.
Drei dürftige Tage. Den Rest der Zeit müssen sie mit Distanzlernen klar kommen.
Das liegt nicht an den Schulen, viele Lehrer kümmern sich mit viel Engagement, produzieren Lernvideos und abwechslungsreiche Arbeitsblätter, bieten Videokonferenzen und Chats an. Doch das ist nichts gegen das gemeinsame Lernen. Doch der Wust an Regeln, den die Ministerin erlassen hat, zwingt die Schulen dazu, das Lernen vor Ort auf drei mickrige Tage zu reduzieren. Mit ihrem Schlingerkurs und den viel zu späten Ansagen hat Gebauer alles schlimmer gemacht. Dabei war seit den Schulschließungen im März klar, dass die Corona-Krise noch lange dauern wird.
Das Ganze ist umso ärgerlicher, als es in anderen Bereichen nicht um Gesundheitsschutz, sondern nur um Lobbyismus geht. Als in Deutschland die Möbelhäuser noch geschlossen waren, machte NRW seine auf – hier gehe es um wirtschaftliche Interessen, so Gesundheitsminister
Karl-Josef Laumann. Ein verräterischer Satz.
Noch mächtiger ist die Lobby der Airlines: Auf der Straße, in Läden und Schulen muss man 1,50 Meter Abstand halten – nur im Flugzeug nicht. Hätten die Airlines den Mittelplatz freihalten müssen, würde sich das Geschäft nicht lohnen. Damit setzten sie sich bei der EU-Kommission durch. Um den Abstand zu sichern, dürfen Schüler nur drei Tage in die Schule – aber im Flieger sitzen alle eng zusammen, als würde das Virus hier Pause machen. Diese Willkür macht Kindern, Eltern und Lehrer mürbe. Und sie entlarvt das Gerede von der Bedeutung der Bildung als hohl. Ausgerechnet mit seinem wichtigsten Rohstoff geht Deutschland gerade am fahrlässigsten um.