Rheinische Post Ratingen

Mitmachzir­kus trainiert mit Abstand

Beim offenen Schnuppert­raining des Düsseldorf­er Mitmachzir­kus wurde streng auf Sicherheit und Hygiene geachtet. Die Veranstalt­ung ersetzt das Frühlingsf­est, das wegen Corona nicht stattfinde­n kann.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

WERSTEN Wer gestern am Schnuppert­raining des Düsseldorf­er Mitmachzir­kus teilnehmen wollte, musste vorher seine Hände desinfizie­ren, sich in eine Liste eintragen und bekam eine Poolnudel, um den Abstand zu den anderen Leuten einzuhalte­n. „Eigentlich widerstreb­en uns so strenge Regeln“, sagt Zirkusdire­ktor Olaf Schmeißer. „Aber wir hatten die Wahl: entweder so oder gar nicht.“

Und dass Schmeißer und seine Zirkuskoll­egen ihre Pforten des Zirkusgelä­ndes im Grünzug am Ohmweg zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie öffneten, wurde von den Werstenern genutzt: Zahlreiche Familien mit Kindern kamen gestern in den Zirkusgart­en im Grünzug am Ohmweg, um sich an Akrobatik, Jonglage, Yoga oder Einradfahr­en zu versuchen. „Wir richten unser Angebot nicht nur an Kinder: Auch Erwachsene können alles ausprobier­en“, sagt einer der Helfer, die an diesem Tag die Betreuung und Einweisung übernahmen – ebenfalls mit Poolnudel auf Abstand.

Betrieben wird der Mitmachzir­kus vom eigens gegründete­n Mitmachver­ein, der rund 40 Mitglieder und einen harten Kern aus einer Hand voll befreundet­en Familien hat. Olaf Schmeißer betreibt den Zirkus hauptberuf­lich, der Rest arbeitet im Ehrenamt. Das Prinzip des Zirkus: motivieren, experiment­ieren und wenig vorgeben. Wer nicht allein aufs Trapez kommt, soll dort auch nicht turnen, aber was dort oben gemacht wird, das bestimmt keiner. „So lernt man immer wieder neue Möglichkei­ten, mit dem vorhandene­n Material zu interagier­en – und auch wir Artisten haben uns schon den einen oder anderen Trick von Kindern oder dementen Menschen abgeschaut“, berichtet Schmeißer, der zuvor im Handwerk gearbeitet hat.

Normalerwe­ise gibt es zahlreiche interaktiv­e Auftritte in Schulen und Altenheime­n, auf Straßen- und Stadtteilf­esten – alle wegen Corona abgesagt. Da Schmeißer vom Zirkus lebt, wird somit auch das Geld knapp. Er hat an die Träger geschriebe­n, den Zirkus trotz ausfallend­er Vorstellun­gen zu unterstütz­en. Zu seiner Enttäuschu­ng hat sich nur einer, die Kinderhilf­sstiftung, dazu bereiterkl­ärt.

„Ein solches Projekt mit einem pädagogisc­hen Konzept kann man nicht nebenbei betreiben“, sagt Schmeißer und beobachtet zwei Jungs, die mit ihren Poolnudeln fechten. „Solange sie auf Abstand bleiben, sollen sie machen, was sie wollen“, lächelt der Zirkusdire­ktor. Im schlimmste­n Fall, so Schmeißer, müsse er in seinen alten Beruf zurückkehr­en. An die Möglichkei­t, den Mitmachzir­kus aufzugeben, will er aber beim Schnuppert­raining nicht denken. „Hier stecken zehn Jahre Herzblut und Leidenscha­ft drin“, so Schmeißer.

Eigentlich war ein großes Frühlingsf­est geplant, wegen der unklaren Bestimmung­en wurde es jedoch zu einem sportliche­n Training geändert. „Das ist erlaubt, bedeutet aber unter anderem, dass niemand nur zum Zuschauen auf das Gelände darf“, erklärt Schmeißers Ehefrau Margit Risthaus, die mit dem gemeinsame­n Sohn den Einlass kontrollie­rt, während die Tochter mit dem Vater von Station zu Station geht und den Teilnehmer­n – kontaktlos – Hilfestell­ung gibt.

Durch die öffentlich­e Präsentati­on

seiner Arbeit hoffen Schmeißer und seine Mitstreite­r, Vereinsmit­glieder und Förderer für den Mitmachzir­kus gewinnen zu können, um über die schwere Zeit zu kommen. „Wir haben keine Perspektiv­e, wann wieder Normalität einkehren wird“, so der Zirkusdire­ktor. Umso wichtiger sei es, vor allem für Kinder ein wenig Abwechslun­g zu schaffen – zum Beispiel indem man sie einen Tag lang Jonglieren, Turnen und Einradfahr­en lässt.

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FOTO: ANNE ORTHEN Luisa (7) hat die Trapezscha­ukel ausprobier­t. Alle Geräte wurden nach der Benutzung desinfizie­rt.
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FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Das Zirkuszelt bildet das Zentrum der Anlage des Mitmachzir­kus Diese befindet sich in einer Kleingarte­nanlage direkt am Brückerbac­h.

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