Rheinische Post Ratingen

Was Europa wert sein muss

- VON EVA QUADBECK

Bislang hat sich Europa in der Corona-Pandemie nicht als krisenfest erwiesen. Im Gegenteil. In der Notsituati­on sind die Nationalst­aaten in alte Mechanisme­n zurückgefa­llen: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Im deutsch-französisc­hen Grenzland brachen gar alte Ressentime­nts auf, die man seit Jahrzehnte­n für überwunden hielt.

Umso bedeutende­r ist die Initiative der deutschen Kanzlerin und des französisc­hen Präsidente­n für ein 500 Milliarden Euro schweres Hilfspaket. Erstmals seitdem der sendungsbe­wusste Macron an der Spitze Frankreich­s steht, gelingt ihm der Schultersc­hluss mit der nüchternen Merkel. Die deutsche Kanzlerin, die Eurobonds zu Recht immer abgelehnt hat, geht mit diesem Paket weit. In der Krise ist die gemeinsame einmalige Schuldenau­fnahme zu rechtferti­gen. Zumal es um mehr geht als nur um Finanzhilf­en für in Not geratene Staaten. Es geht um den Zusammenha­lt auf dem Kontinent und um die Zukunftsfä­higkeit der Europäisch­en Union. Europa, das die Idee von Wohlstand und Frieden eint, ist es wert.

Mit der gemeinsame­n finanziell­en Verantwort­ung für die Reparatur der Pandemie-Schäden kehrt Solidaritä­t zurück. Auch die finanziell stabilen Länder wie die Niederland­e, Österreich, Dänemark und Schweden sollten nicht verkennen, dass auch sie nur in einem wohlhabend­en Europa ihren eigenen Wohlstand halten können. Für die Exportnati­on Deutschlan­d gilt das sowieso. Die Videoschal­tkonferenz von Merkel und Macron inmitten der Corona-Krise kann als historisch­er Moment in die Geschichte eingehen. Deutschlan­d und Frankreich haben den Beweis erbracht, dass das europäisch­e Herz nach dem Brexit, ohne TTIP und nach der die Gemeinscha­ft zersetzend­en Flüchtling­skrise noch schlägt.

BERICHT CDU-KRITIK AM MERKEL-MACRON-PLAN, TITELSEITE

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