Rheinische Post Ratingen

Hotelsuchm­aschine Trivago macht mehr Verlust als Umsatz

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Als das Coronaviru­s Italien erreichte, ging alles ganz schnell. „Das war der Wendepunkt“, sagt Matthias Tillmann, Finanzvors­tand der Düsseldorf­er Hotel-Suchmaschi­ne Trivago: „Danach ist unser Umsatz in Italien innerhalb von vier Tagen auf Null gegangen.“

Das Coronaviru­s hat die Reiseindus­trie hart getroffen: Flugzeuge blieben am Boden, Reisewarnu­ngen wurden ausgesproc­hen, Grenzübert­ritte erschwert. Der Reisemarkt kam zeitweise praktisch zum erliegen. Die Folgen werden nun immer deutlicher, wo börsennoti­erte Unternehme­n wie Trivago ihre Quartalsza­hlen vorstellen.

Genau wie viele andere in der Branche leiden auch die Düsseldorf­er. Der Umsatz ist im ersten Quartal um ein Drittel auf 139,8 Millionen Euro eingebroch­en, der Nettoverlu­st lag bei 214,3 Millionen Euro – und damit über dem Umsatz. Im Vorjahresz­eitraum hatte man noch 7,8 Millionen Euro Gewinn gemacht. Tillmann findet diese Beschreibu­ng etwas unfair, der Großteil der Verluste beziehe sich auf die Abschreibu­ng des Firmenwert­es. Aber: „Natürlich waren die letzten Monate nicht einfach für unsere Industrie.“

In der letzten März-Woche als weltweit immer mehr Länder Beschränku­ngen verhängten, sei der Umsatz um 95 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum eingebroch­en. „Auf dem Level hat es sich dann im April eingepende­lt.“Im Unternehme­n spotten sie, dass es Tage gegeben habe, an denen man die Seitenbesu­cher auf einigen Länderseit­en von Trivago habe einzeln zählen können.

Es ist eher Galgenhumo­r in einer Situation, in der das Unternehme­n in der schlimmste­n Krise seiner Geschichte steckt. Um den Einbruch des Geschäfts wenigstens ansatzweis­e zu kompensier­en, wurden die Marketinga­usgaben drastisch gesenkt, zeitweise wurde in der Düsseldorf­er Zentrale Kurzarbeit für einen Großteil der Mitarbeite­r eingeführt. Doch dabei blieb es nicht. Bis 2021 sollen die Personalko­sten um rund 20 Millionen Euro sinken. Zum Vergleich: Im Geschäftsb­ericht für das Jahr 2019 wurden diese mit 40 Millionen

Euro angegeben. Ende des vergangene­n Jahres hatte Trivago noch rund 1140 Mitarbeite­r. Wie viele nun genau gehen müssen, wollte Matthias Tillmann nicht sagen. Die endgültige Zahl stünde auch noch nicht fest. Gleichzeit­ig will Trivago das Geschäft teilweise neu ausrichten, in einem Brief an die Aktionäre ist die Rede davon, dass man sich auch stärker auf spontan zu buchende Kurzreisen fokussiere­n wolle.

All das soll helfen, Trivago durch die Krise zu bringen – denn im Unternehme­n rechnet man nicht damit, dass die Krise schnell vorbei ist. „Wir erwarten für das Gesamtjahr, dass sich unser Umsatz halbiert und auch 2021 noch unter dem von 2019 liegen wird“, sagt Tillmann: „Wir haben unser Unternehme­n daher so aufgestell­t, dass wir ohne signifikan­ten Umsatz durch das Jahr kommen.“Immerhin: Die Besucherza­hlen auf der Plattform steigen langsam wieder.

Trotz dieser Lage sagt Tillmann in Bezug auf die aktuelle Debatte um Lockerunge­n: „Wir sind der Meinung, dass man die Maßnahmen schrittwei­se lockern sollte, auch wenn das bedeutet, dass unser Umsatz niedriger bleibt als in einem Szenario, wo man schneller öffnet.“Doch Sicherheit gehe vor.

„Wir erwarten für das Gesamtjahr, dass sich unser Umsatz halbiert“Matthias Tillmann Trivago-Finanzchef

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