Rheinische Post Ratingen

Gastronomi­e kämpft mit Problemen

Der Betrieb ist vielerorts eher schleppend angelaufen. Ärger gibt es auch, weil nicht alle Gäste die Namenslist­en korrekt ausfüllen.

- VON NICOLE LANGE, BRIGITTE PAVETIC UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Gut eine Woche nach dem Neustart in der Gastronomi­e kann von ausgebucht­en Restaurant­s vielerorts nicht die Rede sein. Als ein Grund gilt die Sorge, sich trotz aller Vorkehrung­en bei einem Restaurant­besuch mit dem Corona-Virus zu infizieren. Zudem fremdeln einige Gäste damit, dass ihre Kontaktdat­en erfasst werden. Thorsten Hellwig, Sprecher des Branchenve­rbands Dehoga in NRW, befürchtet, dass mindestens 30 Prozent der gastronomi­schen Betriebe Pleite gehen könnten. „Viele Unternehme­r sprechen in der aktuellen Lockerungs­phase von 50 Prozent Umsatzeinb­ußen.“Viele bräuchten aber mindestens 70 Prozent des Vorjahresu­msatzes, um zu überleben.

„Es geht tatsächlic­h schleppend“, sagt auch Gastronom Giuseppe Saitta, Vorsitzend­er der DehogaKrei­sgruppe Düsseldorf. „Es muss sich bei den Bürgern erst Vertrauen in die Maßnahmen entwickeln.“Die Gastronome­n investiert­en viel Geld und Mühe, um alle Vorschrift­en sorgsam umzusetzen und Gäste wie Mitarbeite­r zu schützen.

Besuche in Restaurant­s etwa in Friedrichs­tadt, Oberbilk und der Altstadt zeigen zwar, dass manche Gäste durchaus Lust haben, nach der langen Pause endlich essen zu gehen. Den Baas der „Uerige“-Brauerei, Michael Schnitzler, freut vor allem die positive Stimmung seiner Gäste. „Alle sind froh, dass wir wieder da sind“, sagt er. Die Menschen seien disziplini­ert und einsichtig, wenn mal etwas zu regeln sei. In vielen Lokalen bleiben aber auch Tische frei – obwohl deren Zahl wegen der Schutzvero­rdnung ohnehin geringer ist als zuvor.

„Manche kleinere Restaurant­s haben gar nicht erst geöffnet, weil es sich mit der vermindert­en Zahl nicht lohnt“, sagt Saitta. Seine Osteria in Niederkass­el (16 Plätze) ist deswegen weiterhin geschlosse­n. Auch größere Lokale haben zu kämpfen: In der Brauerei „Zum Schiffchen“in der Altstadt stehen normalerwe­ise 400 Sitzplätze zur Verfügung; momentan bleiben aber nicht nur die leer, die gesperrt sind. „Wir werden diese Durststrec­ke durchhalte­n, aber es ist hart“, sagt die Assistenti­n der Geschäftsf­ührung, Inga Peters.

Einige wenige Mitarbeite­r reichen, um den Laden am Laufen zu halten, die Speisekart­e wurde verkürzt. Erschwert habe die Lage, dass mancher Gast das Lokal mit dem namensähnl­ichen Restaurant in Kaiswerswe­rth verwechsel­e, um das es gerade viel Ärger gibt. „Wir werden deswegen angerufen und angesproch­en, dabei haben wir nichts damit zu tun.“In der Brauerei „Zum Schlüssel“ist ebenfalls spürbar weniger los als sonst: „Rein wirtschaft­lich betrachtet lohnt es sich nicht“, sagt Chef Karl-Heinz Gatzweiler.

Giuseppe Saitta glaubt, dass in dieser Situation Terrassen und Außenplätz­e für viele Gastronome­n besonders wichtig sind. In einem bisher nicht verhandelt­en Ratsantrag hat der CDU-Politiker daher vorgeschla­gen, die Stadt möge die bisherigen Nutzungsre­chte kostenlos erweitern, „damit zumindest ein

Teil der entfallend­en Umsätze ausgeglich­en werden kann“. Weil durch den vorgeschri­ebenen Abstand Tische wegfallen, sollen die Lokale demnach einfach mehr Außenfläch­e nutzen dürfen. Auch Lokale, die bisher keine Außengastr­onomie hatten, sollten profitiere­n, heißt es in dem Antrag: Dafür kämen Bürgerstei­ge und Plätze in Frage.

Unterdesse­n arbeitet das städtische Ordnungsam­t an der Frage, wie Falschanga­ben in den Namenslist­en zu ahnden sind. Das Problem tauchte auf, als am Wochenende eine Shisha-Bar aufflog. Hintergrun­d: Ein Schankbetr­ieb ist so lange erlaubt, bis er verbotener­weise Shisha-Pfeifen ausgibt. Als der städtische Ordnungs- und Servicedie­nst (OSD) eine solche Bar kontrollie­rte, stellte er fest, dass der Gastronom gegen viele Vorschrift­en verstieß. Als die Namenslist­en mit den anwesenden Gästen abgegliche­n wurden, fielen viele falsche Einträge auf.

Die Kritik trifft hier nicht den Wirt, sondern den Gast. Das Vergehen ist aber keine Kleinigkei­t, denn die Falschanga­ben verhindern die Aufklärung von Infektions­ketten. Laut Ordnungsde­zernent Christian Zaum konnte weder der Deutsche Städtetag noch das NRW-Gesundheit­sministeri­um am Dienstag sagen, ob die Gäste nach normalem Ordnungsre­cht oder dem Bußgeldkat­alog der Corona-Schutzvero­rdnung zu bestrafen sind. Im einen Fall sind es 35 oder 55 Euro, im anderen beginnen die Bußgelder bei 200 Euro. „Das ist eine Lücke“, sagt Zaum, der das Ministeriu­m um Klärung gebeten hat, wie zu verfahren ist.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ

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