Die Zickzack-Karriere des US-Botschafters Grenell
WASHINGTON/BERLIN Am Freitag war Richard Grenell, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, wieder einmal in Berlin. Am Gebäude der Botschaft an der Clayallee im Stadtteil Dahlem weihte er die Bush Plaza ein, einen Gedenkort an den früheren US-Präsidenten für dessen Verdienste um die deutsche Einheit. Glänzende Plakette, nettes Foto: ein diplomatischer Standardtermin.
Davon gab es in den vergangenen Monaten allerdings nicht viele für Richard Grenell. Im Februar hatte ihm US-Präsident Donald
Trump neben dem Botschafterjob vorübergehend die Aufgabe als Geheimdienstkoordinator (Director of National Intelligence, kurz: DNI) übertragen, eine der wichtigsten Positionen im Sicherheitsapparat an der Schnittstelle zwischen den Nachrichtendiensten. Damit war Grenell überwiegend in Washington gebunden. Seinen Diplomatenposten gab er gleichwohl nicht auf.
Diese Doppelbelastung kommt nun an ihr Ende. Am Donnerstag bestätigte der US-Senat den bisherigen Abgeordneten im Repräsentantenhaus John Ratcliffe als neuen ständigen DNI. Wie Grenell gilt Ratcliffe als enger Trump-Vertrauter.
Als im vergangenen Jahr Sonderermittler Robert Mueller vor dem Justizausschuss der unteren Kongresskammer aussagte, attackierte Ratcliffe den ehemaligen FBI-Direktor scharf und machte so das Weiße Haus auf sich aufmerksam. Später gehörte der Abgeordnete zum Berater- und Verteidigerkreis des Präsidenten während des Amtsenthebungsverfahrens. Im vergangenen Sommer war seine Nominierung als DNI noch gescheitert. Im zweiten Anlauf ging sie nun ohne Probleme durch.
Ob Ratcliffes Bestätigung für Grenell jedoch eine dauerhafte Rückkehr nach Deutschland bedeutet, ist noch nicht entschieden. Trump-Anhänger waren höchst zufrieden mit seiner Amtsführung als Interims-DNI. Als Geheimdienstkoordinator besetzte er wichtige Posten innerhalb der Behörde neu. Außerdem nutzte er sein Amt, um zuvor geheime Dokumente über den Ursprung der Ermittlungen über die Russlandaffäre und das Verfahren gegen den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn freizugeben und dem Kongress vorzulegen. Die Demokraten beklagten, die Freigaben seien selektiv erfolgt und dienten vor allem dem Zweck, Ex-Präsident Barack Obama und dessen Vize Joe Biden anzugreifen, den designierten Präsidentschaftskandidaten der Partei.
Unter Republikanern kamen die
Schritte hingegen sehr gut an. Auch deshalb gibt es mittlerweile Spekulationen, Grenell könnte in Washington bleiben.
Bereits im Mai meldete das US-Medium Axios, Trump erwäge ernsthaft, ihn zum neuen Chef des President’s Intelligence Advisory Board berufen, eines an die Regierungszentrale angedockten Beratungsgremiums, das für das Staatsoberhaupt die Arbeit der Geheimdienste bewertet und Empfehlungen ausspricht.
Womöglich sind die diplomatischen Standardtermine für Richard Grenell also auch in Zukunft wieder nur die Ausnahme.