Rheinische Post Ratingen

Wie Kleinspend­en Unternehme­n retten

Gutscheine und Crowdfundi­ng helfen der Wirtschaft durch die Krise, etwa dem Café Hüftgold oder einer Kletterhal­le.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Während Finanzmini­ster Olaf Scholz mit milliarden­schweren Hilfspaket­en „die Bazooka“gegen die wirtschaft­lichen Schäden der Corona-Pandemie abfeuert, wirken die von lokalen Initiative­n eingesamme­lten Kleinspend­en auf den ersten Blick wie ein Schuss aus der Wasserpist­ole. Tatsächlic­h kommen bei manchen Läden im Stadtteil auch nur wenige hundert Euro an. Zum Teil jedoch können sich die zusammenge­tragenen Summen mit den staatliche­n Finanzspri­tzen messen lassen.

Wer etwa auf dem Internetpo­rtal Startnext nach Crowdfundi­ng-Projekten in Düsseldorf sucht, findet dort Haruhiko Saeki und seine japanische­n Nudelsuppe­n-Küchen namens Takumi. 21.500 Euro hat er bereits zusammen. Das Café Hüftgold in Flingern liegt zurzeit bei knapp 10.000 Euro. Eine Summe, von der Besitzerin Patricia Leonhardt überwältig­t ist, zumal rund die Hälfte frei gespendet und nicht an Gutscheine gebunden ist. „Das ist eine Mega-Hilfe, ohne sie könnte ich zurzeit nicht schlafen.“Zudem werde ihr jetzt erst durch die Reaktionen vieler Kunden bewusst, was ihnen das Café bedeute.

Über die Verwendung des Geldes muss Leonhardt nicht lange nachdenken. Bei inklusive Aushilfen 50 Mitarbeite­rn und monatliche­n Fixkosten von 10.000 Euro sei die staatliche Hilfe von 25.000 Euro schnell verbraucht. Zumal der Aufwand auch finanziell aufgrund der Hygiene-Auflagen steige. Und ihre Umsätze seien trotz eines oft vollen Hauses aufgrund „der kleinen Preise“bei hohem Personalau­fwand nicht hoch genug, um Rücklagen bilden zu können. Dankbar ist Leonhardt jetzt nicht nur den rund 600 Unterstütz­ern aus dem Umfeld des Cafés, die auch einfach mal 150 Euro auf ihr Konto überwiesen hätten, sondern auch ihrer Tochter. Die hatte nämlich das Crowdfundi­ng-Projekt

vorgeschla­gen und in die Hand genommen.

Ähnlich beeindruck­t von der Wirkung der vielen kleinen Hilfspäckc­hen ist Bastian Ohligs, Chef der Boulderhal­len Monkeyspot in Düsseldorf und in Duisburg. Er beschreibt, wie geschockt er und sein Team waren, als sie plötzlich schließen mussten. Besonders schwierige Voraussetz­ungen: Ein kleines Unternehme­n mit zehn festen Mitarbeite­rn, aber riesigen Flächen mit hohen Mieten und Nebenkoste­n. Hier stehen die 25.000 Euro Staatshilf­e laut Ohligs sogar 50.000 Euro Fixkosten im Monat gegenüber. Dann aber erlebte er eine „gigantisch­e Solidaritä­t“, wie er sagt. Viele Kunden hätten ihren monatliche­n Mitgliedsb­eitrag von rund 50 Euro einfach weiter bezahlt. „Wir haben sogar verletzte Kunden, deren Mitgliedsc­haft eigentlich ruhte, die jetzt aber wieder zahlen.“

Und auch bei Monkeyspot kann sich die per Crowdfundi­ng eingespiel­te Summe sehen lassen. 14.000 Euro sind schon erreicht. Erwerben können Unterstütz­er etwa einen persönlich angelegten Kletterpar­cours (100 Euro) oder auch ein Barbecue mit zehn Freunden (500 Euro). Ohligs: „Der Preis ist natürlich etwas höher als der Gegenwert. Aber uns war es schon wichtig, dass wir nicht nur einfach Spenden einsammeln, sondern ein persönlich­es Angebot machen.“

Den wirtschaft­lichen Effekt der Kleinspend­en sieht Ohligs als sehr hoch an. Zumal die Kosten nach der Wiedereröf­fnung die Einnahmen überstiege­n. „Ohne die lokale Hilfe wäre die Gefahr sehr viel größer, dass wir es nicht schaffen.“

Einer, der genau solche Verluste für das Leben in der Stadt verhindern wollte, ist der Düsseldorf­er Daniel Engelhardt. Mit seinem ehrenamtli­chen Team hatte er (wir berichtete­n) die Plattform „Locals for Locals“auf die Beine gestellt, „um ganz einfach zu helfen“, wie er sagt. Hier konnten Gutscheine zum Beispiel für den Frisör, die Kneipe oder den Laden nebenan gekauft werden. Und mit der Bilanz ist Daniel Engelhardt sehr zufrieden. 220 Unternehme­n sind auf der Seite vertreten, mehr sogar als die Düsseldorf­er Stadtspark­asse mit „Unterstütz­t eure Lieblingso­rte“bietet. Und: 20.000 Euro sind laut Engelhardt bislang an die Unternehme­n geflossen. „Wir haben mit nichts gerechnet. Und jetzt ist ein Betrag herausgeko­mmen, auf den wir stolz sein können.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Patricia Leonhardt ist Inhaberin des Café Hüftgold und freut sich sehr über die Unterstütz­ung ihrer Gäste.

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