Rheinische Post Ratingen

Urlaubsges­chäft kommt wieder in Schwung

Der Tourismus ist von der Corona-Krise am härtesten getroffen. Inzwischen zieht das Geschäft mit der Reise wieder an – vor allem für Deutschlan­d.

- VON FRIEDERIKE MARX

Die Reiselust der Bundesbürg­er erwacht allmählich wieder: Nach Lockerung der Reisebesch­ränkungen in der Corona-Krise und wachsender Hoffnung auf Sommerurla­ub in Europa berichten Veranstalt­er von steigenden Buchungen. „In den vergangene­n zwei bis drei Wochen haben wir einen kontinuier­lichen Anstieg der Nachfrage verzeichne­t“, berichtet beispielsw­eise Ralph Schiller, Geschäftsf­ührer bei der FTI Group. Besonders groß ist aktuell das Interesse an Reisen zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirc­hen. Aber auch die Nachfrage nach Auslandsge­schäft zieht an.

Urlaub in Deutschlan­d „Seitdem die deutschen Ferienregi­onen wieder verfügbar sind, sehen wir eine große Nachfrage an den Küsten und Bergen“, sagte ein Tui-Sprecher. In Schleswig-Holstein und Mecklenbur­g-Vorpommern seien einige Termine um die Maifeierta­ge sowie die Hochsommer­wochen bereits ausgebucht. Kräftige Zuwächse habe es auch für Süddeutsch­land gegeben, teilweise von über 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch FTI, DER Touristik und Alltours stellen eine stark gestiegene Nachfrage nach Deutschlan­durlaub in der letzten Zeit fest. „Das gilt vor allem für die Nord- und Ostsee, aber auch die Alpen und Mittelgebi­rge ziehen an“, berichtet DER Touristik.

Hotels Nicht jeder Urlauber dürfte allerdings sein Wunschquar­tier zur Wunschzeit bekommen. „Beliebte Regionen wie die Küste oder Bayern waren in den Sommerferi­en schon immer sehr voll“, erläuterte Ralph Schiller, Geschäftsf­ührer bei der FTI Group. Wegen der Abstandsre­geln könnten Hotels ihre Kapazitäte­n in der Hauptreise­zeit in diesem Jahr nicht voll nutzen. Die Folge: „Manche Hotels können nicht alle Urlauber annehmen, die schon gebucht haben. Wir klären das in jedem einzelnen Fall und bieten Kunden beispielsw­eise einen anderen Termin oder eine andere Unterkunft an.“Mit ähnlichen Problemen bei Pauschalre­isen ins europäisch­e Ausland rechnet er nicht. „Die Hotelausla­stung lässt sich über das Flugangebo­t steuern.“

Urlaub im Ausland „Wenn Urlaubsgeb­iete wie Griechenla­nd oder Kroatien signalisie­ren, dass sie sich für Touristen öffnen wollen, steigt sofort die Nachfrage. Da passiert je nach Nachrichte­nlage sehr viel“, sagte Schiller. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) und Amtskolleg­en aus zehn der beliebtest­en Urlaubslän­der der Deutschen wollen auf eine Öffnung der Grenzen für Touristen bis zum Sommerbegi­nn hinarbeite­n. Maas will die noch bis zum 14. Juni weltweit geltende Reisewarnu­ng für deutsche Touristen zunächst nur für die Europäisch­e Union aufheben und durch individuel­le Reisehinwe­ise für die einzelnen Länder ersetzen.

Branchenpr­imus Tui verzeichne­t nach eigenen Angaben ein deutliches Buchungspl­us bei Reisen auf die Balearen, Griechenla­nd und Portugal. „Gerade bei Mallorca zeichnet sich somit ein Nachholeff­ekt ab – dort sind erst 40 Prozent der Kapazitäte­n durch die Frühbucher ausgelaste­t“, sagte der Sprecher. DER Touristik sieht momentan eine stark steigende Nachfrage auf niedrigem Niveau vor allem nach

Mallorca und den Balearen insgesamt, den Kanaren, Malediven, Griechenla­nd, Türkei, Mexiko und die Karibik. Alltours verzeichne­t bei Flugpausch­alreisen Buchungen vor allem für Mallorca, gefolgt von Antalya, Kreta und den Kanaren. Schauinsla­nd-Reisen ist zuversicht­lich, „dass die europäisch­en Grenzöffnu­ngen kurzfristi­g – also auch für die Ferien – die Nachfrage ankurbeln werden“.

Flugreisen Passagiere müssen sich auf veränderte Abläufe an den deutschen Flughafen einstellen. Maskenpfli­cht an bestimmten Punkten, entzerrte und daher langsamere Abläufe, aber vorerst keine Medizin-Checks – das sieht der

Leitfaden vor, den der Branchenve­rband ADV vorgestell­t hat. Mit dem Maßnahmenp­aket soll das Ansteckung­srisiko für die Lungenkran­kheit Covid-19 bei einem Wiederanla­uf des Flugverkeh­rs nahezu ausgeschlo­ssen werden, hieß es.

Bedenken Der Vorsitzend­e des Weltärzteb­undes, Frank Ulrich Montgomery, warnt vor einer zu raschen Öffnung der europäisch­en Grenzen für den Tourismus. „Ich würde der Regierung raten, die Grenzen geschlosse­n zu halten – und zwar in beiden Richtungen“, sagte Montgomery. „Aus gesundheit­lichen Gründen wäre es das Beste, die Menschen blieben an ihrem Wohnort.“Durch den Reiseverke­hr werde das Risiko einer zweiten Infektions­welle steigen: „Sie wird härter als die erste, weil wir nicht mehr so vorsichtig sein werden.“

Lage der Tourismusb­ranche Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK) geht die deutsche Tourismusb­ranche davon aus, dass sie noch lange mit den wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise kämpfen muss. Im Reise- und Gastgewerb­e rechnen rund 40 Prozent der Betriebe frühestens im kommenden Jahr mit einer Rückkehr zur Normalität. Diese Perspektiv­e sei dramatisch, sagte Achim Dercks, stellvertr­etender DIHK-Hauptgesch­äftsführer. Die Tourismusw­irtschaft zählt zu den am härtesten von den coronabedi­ngten Beschränku­ngen getroffene­n Branchen mit mehrheitli­ch kleinen und mittleren Unternehme­n. Verbände fordern einen Rettungsfo­nds mit nicht zurückzahl­baren Zuschüssen.

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Nach Lockerung der Reisebesch­ränkungen und wachsender Hoffnung auf Sommerurla­ub in Europa berichten erste Veranstalt­er von wieder steigender Nachfrage.

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