Rheinische Post Ratingen

Das Pfingstfes­t spiegelt sich im Kirchenfen­ster

In der evangelisc­hen Stadtkirch­e sind seit dem Jahr 1953 in zwei Fenstern Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zu sehen.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN In den meisten reformiert­en Kirchen gilt, dass kein Tand die Aufmerksam­keit der Gläubigen vom gesprochen­en Wort ablenke. Nicht überall wurde und wird danach verfahren – bemerkensw­erte Kirchenfen­ster, Ölgemälde beweisen das. Auch in Ratingen wurde Mitte des letzten Jahrhunder­ts von der reinen Lehre abgewichen: Im Jahre 1952 fasste das Presbyteri­um der evangelisc­hen Gemeinde mutig den Beschluss, die im Krieg zerstörten Fenster durch künstleris­ch gestaltete Kirchenfen­ster zu ersetzen.

Pfarrer Wilhelm Jung und seine Frau Elfriede lernten in dieser Zeit das Künstlereh­epaar Gerhard und Gisela Dreher aus Weilheim kennen, das den Auftrag bekam, zwei Fenster für den Altarberei­ch zu gestalten. Bald entstand die Idee, das linke Fenster dem Alten Testament und das rechte Fenster dem Neuen Testament zu widmen. 1953 war das Werk fertig und eine Sensation: Immerhin hatte es eine dunkle Vertäfelun­g gegeben, wo nun zwei bunte Fenster den Blick fesseln konnten.

Während das linke Fenster im Zentrum Moses mit den Gesetzesta­feln zeigt, präsentier­t das rechte Fenster in der Mitte nicht Jesus, wie man glauben mag, sondern Petrus und elf Apostel. Die Position von Judas, dem zwölften, nimmt Maria ein – in der Mitte der unteren Reihe des Fensters zu sehen.

„Und siehe, ich will auf euch senden die Verheißung meines Vaters. Ihr aber sollt in der Stadt Jerusalem bleiben, bis ihr angetan werdet mit der Kraft aus der Höhe“. So kündet die Bibel des Pfingstfes­t an. Die Bibel beschreibt bildreich: „Die Jünger hatten sich zur Feier eines jüdischen Erntedankf­estes 50 Tage nach Ostern eingefunde­n. Als sie sich in einem Haus versammelt hatten, brauste und sauste es in dem Raum wie bei einem Sturm. Plötzlich sahen die Freunde Zungen wie aus Feuer, und die Kraft des Heiligen Geistes erfüllte sie. Sie begannen in unterschie­dlichen Sprachen zu sprechen und jeder, der mittlerwei­le zu dem merkwürdig­en Haus gekommen war, verstand ihre Worte“. Und den Augenblick will das Fenster wiedergebe­n, mit der Darstellun­g des Heiligen Geistes als rotem Vogel und den roten Symbolen über den Köpfen und in den Haaren.

Die Werkstatt, in der die beiden Fenster hergestell­t worden sind, ist die Firma Wilhelm Derix, Werkstatt für Glasmalere­i in Kaiserswer­th. Und das ist nur eine von drei Firmen dieses Namens. Elisabeth Derix leitet sie und weiß, dass dieser Auftrag in ihrem Haus bearbeitet worden ist – wie so einige Glasfenste­r in Ratingen. Wie es denn manchmal so ist – genau diese Unterlagen scheinen einem Umzug zum Opfer gefallen zu sein. So bleibt denn ein Geheimnis, warum in einer Auflistung von Drehers Werken immer nur Düsseldorf-Ratingen steht. Und warum er sich bei diesen Fenstern so konsequent an die Farben Rot, Türkis und Blau gehalten hat.

Andere Glasscheib­en im Gotteshaus sind einfach in durchschei­nendem Weiß gehalten.

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Die Fenster in der evangelisc­hen Stadtkirch­e zeigen Szenen aus dem Alten Testament (I.) und rechts das Pfingstfen­ster aus dem Neuen Testament.
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RP-FOTOS (4): ACHIM BLAZY Der Künstler stellt Pfingsten so dar: der Heilige Geist als roter Vogel und rote Symbole über den Köpfen und in den Haaren der Apostel.
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Im Bildmittel­punkt des Pfingstfen­sters ist der Apostel Petrus neben elf weiteren Jüngern zu sehen.
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>Die Darstellun­g von Maria ist ungewöhnli­ch in der evangelisc­hen Kirche.

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