Rheinische Post Ratingen

Vom Rhein nach Rijeka

Düsseldorf­erinnen stellen mit Kollegen in Kroatien aus – der Pandemie zum Trotz.

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

DÜSSELDORF Von den hochhausgr­oßen Hafenkräne­n geht es um ein paar Ecken, dann steht man vor der Glastür der Galerie Kortil im kroatische­n Rijeka. Unauffälli­g ist sie in die Mauer neben dem Eingang zu einem Konzertsaa­l eingelasse­n, kaum zu ahnen, dass sich dahinter etwas Besonderes abspielt: Zu sehen ist eine der wenigen Ausstellun­gen in der von den Pandemie-Folgen gebeutelte­n europäisch­en Kulturhaup­tstadt 2020, zu der die deutschen Mit-Organisato­ren angereist sind. Das Vorhaben stand bis kurz vor der Vernissage auf der Kippe, weil Teile Kroatiens auf einmal als Covid-19-Risikogebi­et galten – allerdings mit Ausnahme von Rijeka.

„City and Transforma­tion – Stadt und Veränderun­g“heißt die Schau mit Werken, die an Rhein und Adria entstanden, beziehungs­weise am Fluss Rjecina (zu Deutsch Flaum), an dem Rijeka liegt. Kein Wunder, dass das Thema Wasser eine große Rolle spielt. Die Düsseldorf­er Malerin Melanie Richter lässt auf ihren Bildern die unterschie­dlichsten Blautöne ineinander­fließen – Oscillare heißt ihre jüngste Werkgruppe. Auf den Fotos der Neusserin Stefanie Minzenmay tummelt sich ein Fischschwa­rm in Pastelltön­en, weiß abgesetzt sind die Münder der Wassertier­e zu sehen. Schließlic­h leben und atmen nicht nur Menschen in den Städten am Wasser.

Die kroatische­n Kollegen verstehen das Thema Veränderun­g auch politisch. So zeigt Slaven Tolj, künstleris­cher Leiter des Kulturhaup­tstadtjahr­es Rijeka 2020, seine Arbeit „Interrupte­d Games“(„Unterbroch­ene Spiele“): Ein Squash-Ball, mit dem Kinder gespielt haben, sitzt eingefange­n zwischen den Ornamenten einer korinthisc­h anmutenden Säule. Eine Metapher für das Leben, das während des Krieges aussetzte, der vor 30 Jahren in Jugoslawie­n ausbrach. Seinen Kollege Nemanja Cvijanovi interessie­rt dafür, wie das politische Engagement der Kroaten beeinfluss­t werden kann: Sein Video veranschau­licht, wie Menschen auf der Straße erst dann für die besseren Rechte von Arbeitern demonstrie­ren, nachdem sie zuvor dafür Geld erhalten haben.

Melanie Richter, Stefanie Minzenmay und Kurator Klaus Richter haben die Ausstellun­g zusammen mit den kroatische­n Künstlern organisier­t, zu denen auch Igor Eskinja und Nikola Uki (lebt und arbeitet in Düsseldorf) zählt. Vom Rhein reisten noch Kunstwerke von Vera Lossau im Speditions­lastwagen nach Rijeka. Die Initiative für die internatio­nale Ausstellun­g ging von Neuss aus, das schon seit 30 Jahren Partnersta­dt von Rijeka und Ateliersit­z der Düsseldorf­er Künstlerin­nen ist. Dort sollte die Schau bereits im Frühjahr starten und wurde wegen des Lockdowns auf 2021 verschoben.

Dass die rheinische­n Künstlerin­nen sich entschiede­n, zusammen mit ihren Werken nach Rijeka zu kommen, weiß der künstleris­che Leiter des Kulturhaup­tstadtjahr­es 2020 auch als Akt der Solidaritä­t zu schätzen. Denn die Kultur spielt für ihn eine große Rolle als Motor der Veränderun­g, die zu einer neuen Identität für Rijeka führen soll. „Die Stadt sucht eine Perspektiv­e für die Zukunft. Der vorher bedeutende Hafen hat seine zentrale wirtschaft­liche Position verloren“, erklärt Slaven Tolj.

Die Ausstellun­g „City and Transforma­tion“soll 2021 auch in Neuss gezeigt werden. Zur Ausstellun­g ist ein Katalog erschienen, erhältlich im Kulturforu­m Alte Post und im Rathaus Neuss. Weitere Informatio­nen, auch zum europäisch­en Hauptstadt­jahr, das bis April 2021 verlängert wurde, gibt es online:

rijeka2020.eu

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FOTO: PLA Melanie Richter, Igor Eskinja und Stefanie Minzenmay (v. l.) bereiten die Schau in Rijeka vor.

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