Ruhrgebiet will gleiche Corona-Regeln für NRW
Die Infektionszahlen im Land steigen weiter, mehr Klinikbetten sind belegt. Aus Dortmund kommt ein Vorstoß für eine neue Risikostufe.
DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der Corona-Neuinfektionen einen weiteren Höchststand erreicht. Das Landeszentrum Gesundheit NRW meldete dem Robert-Koch-Institut (RKI) 2740 Fälle – tatsächlich lag die Zahl der Neuinfektionen aber noch höher, denn durch eine technische Panne am RKI flossen die Werte aus einem Fünftel der Kommunen nicht in die am Freitag veröffentlichte Statistik ein. Für ganz Deutschland nannte das RKI gestern die Zahl von 11.242 Neuinfektionen – nur knapp unter dem Höchststand von Donnerstag.
Angesichts der Zuspitzung der Lage forderte der Corona-Krisenstab der Stadt Dortmund, dass das Land NRW eine neue landesweite Risikostufe ab der Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche definiert. Die Situation im gesamten Ruhrgebiet sei kritisch, sagte die Leiterin des Krisenstabs, Daniela Schneckenburger (Grüne).
„Schaut euch die Lage im Land an und überlegt bitte, was das für die Steuerung auf Landesebene bedeutet“, appellierte Schneckenburger an die Landesregierung: „Wir tun vor Ort alles, aber jetzt seid ihr mal dran.“Es ergebe keinen Sinn, wenn jede Kommune sich eigene Regeln zusammenbastele. Das Dortmunder Gesundheitsamt geht davon aus, dass der 100er-Inzidenzwert seit Freitag überschritten ist.
Duisburg meldete am Freitag einen Inzidenzwert von 126. Auf Anfrage begrüßte die Stadt die Idee für landesweit geltende und einheitliche Regeln. Alles, was für die Bürger leicht verständlich sei, würde die Akzeptanz für die Maßnahmen erhöhen, sagte ein Sprecher. Neue Regeln müssten aber an das Infektionsgeschehen angepasst sein. Auch die Stadt Bochum sprach sich für einheitliche Regeln auf Landesebene aus, die 100er-Marke habe dabei aber eher symbolischen Charakter.
Die Landesregierung äußerte sich zurückhaltend zu einer neuen Risikostufe. Ob das Infektionsgeschehen weitere Maßnahmen oder Gefährdungsstufen erforderlich mache, werde geprüft. In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Stufen, für die jeweils unterschiedliche Regeln
gelten – ab einem Inzidenzwert von 35 und von 50. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte jüngst einen Vorstoß für verschärfte Maßnahmen ab einer Inzidenz von 100 unternommen. In Bayern gilt für Städte über der 100er-Grenze eine Sperrstunde ab 21 Uhr. Zudem sind dann Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen untersagt.
Das dynamische Infektionsgeschehen spiegelt sich auch in den NRW-Kliniken wider. Nach Zahlen der Landesregierung vom Freitag werden derzeit rund 1420 Patienten mit Covid-19 stationär behandelt – vor einer Woche waren es noch 950, vor einem Monat 320. Aktuell lägen 275 Patienten auf der Intensivstation, 148 von ihnen müssten beatmet werden. Auch in Dortmund zeige sich ein exponentielles Wachstum der Zahl der Intensivpatienten, erklärte Frank Renken. Der Leiter des Gesundheitsamts sagte, dass nach der aktuellen Statistik rund ein Viertel der beatmeten Patienten sterben würde: „Das macht uns Sorgen.“
Von ihren Kapazitätsgrenzen sind die Kliniken nach Angaben des Landes aber noch entfernt. Aktuell gebe es rund 5640 Intensivbetten, in denen die Patienten auch beatmet werden könnten, 1320 davon seien im Moment nicht belegt. Auf dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie Mitte April waren in den NRW-Krankenhäusern mehr als 2100 Corona-Patienten gleichzeitig behandelt worden, knapp 600 mussten in der Spitze beatmet werden.