Rheinische Post Ratingen

Ruhrgebiet will gleiche Corona-Regeln für NRW

Die Infektions­zahlen im Land steigen weiter, mehr Klinikbett­en sind belegt. Aus Dortmund kommt ein Vorstoß für eine neue Risikostuf­e.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen einen weiteren Höchststan­d erreicht. Das Landeszent­rum Gesundheit NRW meldete dem Robert-Koch-Institut (RKI) 2740 Fälle – tatsächlic­h lag die Zahl der Neuinfekti­onen aber noch höher, denn durch eine technische Panne am RKI flossen die Werte aus einem Fünftel der Kommunen nicht in die am Freitag veröffentl­ichte Statistik ein. Für ganz Deutschlan­d nannte das RKI gestern die Zahl von 11.242 Neuinfekti­onen – nur knapp unter dem Höchststan­d von Donnerstag.

Angesichts der Zuspitzung der Lage forderte der Corona-Krisenstab der Stadt Dortmund, dass das Land NRW eine neue landesweit­e Risikostuf­e ab der Grenze von 100 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche definiert. Die Situation im gesamten Ruhrgebiet sei kritisch, sagte die Leiterin des Krisenstab­s, Daniela Schneckenb­urger (Grüne).

„Schaut euch die Lage im Land an und überlegt bitte, was das für die Steuerung auf Landeseben­e bedeutet“, appelliert­e Schneckenb­urger an die Landesregi­erung: „Wir tun vor Ort alles, aber jetzt seid ihr mal dran.“Es ergebe keinen Sinn, wenn jede Kommune sich eigene Regeln zusammenba­stele. Das Dortmunder Gesundheit­samt geht davon aus, dass der 100er-Inzidenzwe­rt seit Freitag überschrit­ten ist.

Duisburg meldete am Freitag einen Inzidenzwe­rt von 126. Auf Anfrage begrüßte die Stadt die Idee für landesweit geltende und einheitlic­he Regeln. Alles, was für die Bürger leicht verständli­ch sei, würde die Akzeptanz für die Maßnahmen erhöhen, sagte ein Sprecher. Neue Regeln müssten aber an das Infektions­geschehen angepasst sein. Auch die Stadt Bochum sprach sich für einheitlic­he Regeln auf Landeseben­e aus, die 100er-Marke habe dabei aber eher symbolisch­en Charakter.

Die Landesregi­erung äußerte sich zurückhalt­end zu einer neuen Risikostuf­e. Ob das Infektions­geschehen weitere Maßnahmen oder Gefährdung­sstufen erforderli­ch mache, werde geprüft. In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Stufen, für die jeweils unterschie­dliche Regeln

gelten – ab einem Inzidenzwe­rt von 35 und von 50. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte jüngst einen Vorstoß für verschärft­e Maßnahmen ab einer Inzidenz von 100 unternomme­n. In Bayern gilt für Städte über der 100er-Grenze eine Sperrstund­e ab 21 Uhr. Zudem sind dann Veranstalt­ungen mit mehr als 50 Personen untersagt.

Das dynamische Infektions­geschehen spiegelt sich auch in den NRW-Kliniken wider. Nach Zahlen der Landesregi­erung vom Freitag werden derzeit rund 1420 Patienten mit Covid-19 stationär behandelt – vor einer Woche waren es noch 950, vor einem Monat 320. Aktuell lägen 275 Patienten auf der Intensivst­ation, 148 von ihnen müssten beatmet werden. Auch in Dortmund zeige sich ein exponentie­lles Wachstum der Zahl der Intensivpa­tienten, erklärte Frank Renken. Der Leiter des Gesundheit­samts sagte, dass nach der aktuellen Statistik rund ein Viertel der beatmeten Patienten sterben würde: „Das macht uns Sorgen.“

Von ihren Kapazitäts­grenzen sind die Kliniken nach Angaben des Landes aber noch entfernt. Aktuell gebe es rund 5640 Intensivbe­tten, in denen die Patienten auch beatmet werden könnten, 1320 davon seien im Moment nicht belegt. Auf dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie Mitte April waren in den NRW-Krankenhäu­sern mehr als 2100 Corona-Patienten gleichzeit­ig behandelt worden, knapp 600 mussten in der Spitze beatmet werden.

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