Rheinische Post Ratingen

Wahlrecht ohne Bevormundu­ng

- VON GREGOR MAYNTZ

Nun haben auch die Brandenbur­ger Verfassung­srichter ein Paritätsge­setz gekippt. Das klingt nach einem weiteren Schlag ins Gesicht aller, die für echte Gleichstel­lung von Männern und Frauen eintreten. Tatsächlic­h bewahrten die Richter das Land vor einer Beschädigu­ng der Demokratie. Richtig ist: Die Verteilung der Geschlecht­er in den deutschen Parlamente­n schreit nach Korrekture­n. Deshalb war zu erwarten, dass die üblichen Reflexe einsetzen würden: Läuft etwas nicht richtig, müssen die Gesetze nachgeschä­rft werden. Das ist für fast alle Lebensbere­iche wichtig und zumeist auch richtig. Beim Wahlrecht verbietet es sich.

Hätten in Brandenbur­g Frauen weniger Rechte als Männer gehabt, die Zusammense­tzung des Parlaments mitzubesti­mmen oder sich wählen zu lassen – die Korrektur wäre bitter nötig gewesen. Doch es gibt eine solche Ungleichbe­handlung nicht. Es gibt sie in der faktischen Auswirkung der Kandidaten­aufstellun­g und der Wahlentsch­eidung. Also muss die Korrektur auch dort ansetzen, nicht beim Recht.

Auf der einen Seite hat es jede Wählerin und jeder Wähler in der Hand, Parteien mit hohem Frauenante­il zu bevorzugen. Auf der anderen Seite hat es jede Partei in der Hand, den Anteil der Frauen auf den vorderen Listenplät­zen zu erhöhen. Wenn sie damit ihre Erfolgscha­ncen erhöhen, wären sie schlecht beraten, darauf zu verzichten. Keinesfall­s darf aber der Gesetzgebe­r den Wählern vorschreib­en, wen sie zu wählen haben, und den Parteien vorgeben, wen sie aufzustell­en haben. In Artikel 20 des Grundgeset­zes ist fixiert: „Alle Staatsgewa­lt geht vom Volke aus.“

Um zu Parität in den Parlamente­n zu kommen, sind die Parteien aufgeforde­rt, in jedem Wahlkreis und auf jeder Kandidaten­liste nachzubess­ern. Aber das Wahlrecht darf dazu nicht missbrauch­t werden.

BERICHT AFD UND NPD ERFOLGREIC­H MIT KLAGE..., POLITIK

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