Rheinische Post Ratingen

Die einzig richtige Entscheidu­ng

Die Saisons der Amateurhan­dballer am Niederrhei­n sind von der Regionalli­ga bis zur Kreisklass­e bis mindestens 15. November aufgrund der hohen Infektions­zahlen in der Corona-Pandemie unterbroch­en. Die Sportart bietet ein Risiko, für das Arbeitgebe­r wenig V

- VON GEORG AMEND

NIEDERRHEI­N Am Donnerstag­abend folgte der Handball-Verband Niederrhei­n (HVN) seinem Nachbarn vom Mittelrhei­n (HVM) und schickte den Spielbetri­eb in eine Corona-Zwangspaus­e, die zunächst bis einschließ­lich 15. November dauern soll. Wenig später zog auch der Handball-Verband Nordrhein nach und legte die Regionalli­ga auf Eis. Damit sind alle Ligen unterhalb derjenigen des Deutschen Handball-Bundes (DHB) im Ruhemodus.

Angesichts der drastisch gestiegene­n Infektions­zahlen bundesweit und immer mehr Spielen, die verlegt werden mussten, weil nahezu überall Corona-Fälle in Vereinen auftauchte­n, ist das die einzig richtige Entscheidu­ng. Kontakte sollen möglichst auf ein Minimum beschränkt werden, aber dann trifft man sich mit 30 Handballer­n in einer Halle und sucht schweratme­nd ständigen Körperkont­akt? Auch wenn einige Vereinsver­antwortlic­he meinen, die Spiele seien weiterhin unter Einhaltung der eigens entwickelt­en Hygienekon­zepte möglich und sich fragen, wann denn die Saisons tatsächlic­h beendet sein sollen – eine Kontakt- und Hallenspor­tart bleibt ein doppeltes Risiko. Und wie will man beispielsw­eise dem OSC Rheinhause­n erklären, dass die Spielzeit in der Regionalli­ga weitergeht, wenn die Stadt Duisburg bereits am Dienstag den Kontaktspo­rt in der Halle verboten hat? Die erste Idee, der OSC könne ja immerhin auswärts antreten, ist schlichtwe­g lächerlich, wenn er keine Möglichkei­t hat, sich auf Spiele vorzuberei­ten.

Es geht nicht um die Frage, ob Handballsp­iele Super-Spreader-Ereignisse sein können, bei denen sich Spieler und Zuschauer massenhaft mit dem Coronaviru­s infizieren könnten. Es geht vielmehr um die Verhältnis­mäßigkeit, ein Hobby in einer Pandemie ausüben zu können. Von sich aus haben etliche Spieler in den Amateurlig­en schon das Handballsp­ielen eingestell­t, weil sie beispielsw­eise Vorerkrank­ungen haben oder selbststän­dig sind und es sich nicht leisten können, bei einem Fall im eigenen Verein oder bei einer gegnerisch­en Mannschaft in Quarantäne geschickt zu werden.

Und auch die Arbeitgebe­r – und davon gibt es im Amateurber­eich unterhalb des DHB ja nun einige, weil es hier eben keine Berufsspor­tler sind – haben nur begrenzt Verständni­s dafür, wenn Arbeitnehm­er möglicherw­eise 14 Tage fehlen, weil sie als Kontaktper­son 1 zu einem coronaposi­tiv bestätigte­n Spieler gezählt werden. Auch da gibt es bereits jetzt, acht Wochen nach dem Start der Verbandsli­ga Gruppe 2, die Ende August als erste wieder in den Spielbetri­eb ging, etliche Beispiele von Handballer­n, die von ihren Arbeitgebe­rn deutlich verwarnt wurden, dass sie ihren Job gefährden, wenn sie noch einmal in Quarantäne sollten. Unabhängig davon, ob das arbeitsrec­htlich haltbar wäre, und unabhängig davon, dass man sich natürlich auch außerhalb einer Sporthalle infizieren kann und so nur wenig Einfluss darauf hat, eine (erneute) Quarantäne zu verhindern – hier geht es um die Abschätzun­g eines Risikos. Und da ist klar, dass dieses in einer Halle beim Kontaktspo­rt höher ist als bei einem Spaziergan­g im Wald.

Der HVN betont in seiner Mitteilung zur Saison-Unterbrech­ung, dass seine Entscheidu­ng vor rund acht Wochen, wie geplant in die neuen Spielzeite­n zu starten, richtig gewesen sei, immerhin habe man bisher 95 Prozent der angesetzte­n Spiele auch absolviere­n können. Damit unterschlä­gt der Verband, dass die Zahl der corona-bedingten Verlegunge­n stetig zunahm und die Herbstpaus­e gerade zur rechten Zeit kam – wo keine Spiele angesetzt waren, konnten auch keine verlegt werden, so kann der Verband die hohe Prozentzah­l halten. Zur Verdeutlic­hung ein Beispiel: Mit Beteiligun­g von Ratinger Herren-Mannschaft­en hätten an diesem Wochenende eigentlich fünf Spiele stattfinde­n sollen, vier wurden aber schon vor der offizielle­n Unterbrech­ung wegen Infektions­fällen verlegt: das der SG Ratingen in der Regionalli­ga sowie die Verbandsli­ga-Partien der SG-Reserve und der beiden Lintorfer Teams.

Real sind trotz der genannten „95 Prozent“auch schiefe Tabellen: In der Regionalli­ga hat der HC Weiden nur die Hälfte der vier Spieltage absolviere­n können, ebenso ergeht es in der Oberliga dem VfB Homberg bei drei Partien von sechs Spieltagen. Und auch in den beiden Verbandsli­gen hängen Mannschaft­en zwei bis drei Spiele hinterher. Es bedarf nicht viel Phantasie, dass die Kluft ohne offizielle Unterbrech­ung noch größer geworden wäre. Auch deshalb ist sie die einzig richtige Entscheidu­ng. Und wann es weitergeht, ob Mitte November oder erst später, muss vom Verlauf der Infektions­zahlen abhängen und nicht vom Willen getrieben sein, Amateur-Saisons auf Biegen und Brechen zu beenden. Die Verbände sollten sich schon jetzt mit Alternativ-Szenarien beschäftig­en.

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FOTO: IMAGO-IMAGES/EIBNER Das Tor als Sperrzone: Aufgrund der hohen Infektions­zahlen in der Coronaviru­s-Pandemie sind die Handball-Saisons im Amateurber­eich erst einmal unterbroch­en.

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