Angewidert vom eigenen Erfolg
Dominique Mirus und Keno Schulte von Die Partei können am besten Satire, manchmal aber auch ernst sein.
Sind von zwei zukünftigen Ratsmitgliedern einer Satire-Partei durchweg ernst gemeinte Antworten zu erwarten? Nein, so naiv sollte man wirklich nicht sein, wenn man sich mit Dominique „Mique“Mirus (31) und Keno Schulte (38) von Die Partei unterhält. Sätze wie „Im Rat werde ich die meiste Zeit schlafen – man muss nur im richtigen Moment aufwachen“, „Man muss sich wegen der Langeweile viel Beschäftigung zu den Sitzungen mitbringen: Mandalas zum Ausmalen, Malen nach Zahlen ist auch ganz cool, oder vielleicht ein Picknick“und „Wir erwarten immer das beste Wahlergebnis seit Kriegsende plus X“muss man aushalten, wenn man eigentlich ein ernstes Gespräch führen möchte.
Dass das schwierig ist, zeigt sich in den ersten Minuten. Hinzu kommen Forderungen des Duos, die auf den ersten Blick nicht mehr als satirisch wertvoll sind. Da wären Umweltspuren für SUV, Panzer, Sportwagen und Oldtimer, damit diese schneller durch den Verkehr kommen, weniger Staus und Emissionen verursachen. Oder die Forderung nach einer ersten Klasse in der Rheinbahn mit Champagner-Bar und Thai-Massage, der Vorschlag einer Rollfeldmaut am
Flughafen und die Verlegung der Airlines zum Beispiel nach Dortmund, um die Klimaziele in der Landeshauptstadt zu erreichen. Und es gibt die für Investoren freundliche Idee „Vier Häuser weg für ein Hotel“.
Solche Forderungen stellen die gebürtige Berlinerin Mirus und der Ostfriese Schulte ohne mit der Wimper zu zucken auf. Es stellt sich die Frage: Ist von zwei zukünftigen Ratsmitgliedern einer Satire-Partei überhaupt eine ernst gemeinte Politik zu erwarten? Die Antwort: bestimmt nicht immer. Aber mögen die Forderungen noch so absurd klingen, so zeigen sie auch, dass sich Die Partei mit Themen wie Verkehr, Klimaneutralität und Wohnen auseinandergesetzt hat – nur halt auf ihre Art: satirisch.
Der Parteivorsitzende Martin Sonneborn ist dafür bekannt geworden, dass er im EU-Parlament – außer bei wichtigen Ausnahmen – immer abwechselnd mit Ja und Nein stimmt. So wollen es auch Mirus und Schulte im Stadtrat machen. Sie sind sich aber trotzdem ihrer Verantwortung als neue Mandatsträger bewusst und wissen, welche Bedeutung ihre Stimmen haben könnten. Sie können – oder wollen – dies allerdings nicht auf die einfache Art sagen, sondern müssen es satirisch formulieren. Mirus, die als OB-Kandidatin antrat, 1,2 Prozent der Stimmen holte und derzeit schwanger ist, sagt lieber: „Wenn ich nach einer kleinen Pause wieder in den Rat komme, werde ich immer danach entscheiden, wie meine Periode ist. Wenn ich sie habe, stimme ich mit Nein, und wenn nicht, mit Ja. Aber ich besitze schon einen gesunden Menschenverstand und weiß, bei wichtigen Entscheidungen die richtige zu treffen.“
Die Partei kann also ernst. Das zeigt sie auch, wenn sie auf den derzeitigen Erfolg angesprochen wird. Dann sagt Mirus: „Einerseits ist er erfreulich, andererseits enttäuschend, weil er viel über die politischen Gegner aussagt. Eine Satire-Partei wählt man ja, um anderen Politikern ein deutliches Zeichen zu setzen.“Respektable 1,8 Prozent der Stimmen bekam Die Partei bei der Kommunalwahl, die zum ersten Mal in Düsseldorf ins Rennen ging. „Manchmal sind wir selbst angewidert von unserem Erfolg, aber wir kommen damit klar – besser als die meisten anderen Politiker“, sagt Schulte in Richtung Konkurrenz und kündigt im Rat weitere Seitenhiebe an: „Die anderen auf die Schippe zu nehmen ergibt sich automatisch.“
Mirus, die nach der Geburt ihres Kindes im Januar den Nachwuchs mit zu den Sitzungen nehmen möchte, meint, es sei doch schon Satire, was die Politik manchmal mache. Dass sich dann Menschen nicht mehr für politische Themen interessieren, sei kein Wunder. Deshalb sehen es die beiden neuen Ratsmitglieder auch als einen ihrer Aufträge, über ihre lockere Art wieder die Jüngeren für Politik zu erreichen
und sie zu informieren. Und wieder kann Mirus seriös werden: „Man unterstellt uns immer, keine ernste Politik zu machen, aber satirische Arbeit entsteht ja aus realpolitischen Inhalten. Also setzen wir uns schon mit der aktuellen Politik auseinander.“Deshalb schließen Mirus und Schulte bereits jetzt vor der ersten Sitzung am 5. November jegliche Zusammenarbeit im Rat mit der AfD und laut Schulte „der peinlichen Zweit-AfD Tierschutz/Freie Wähler des Familienunternehmens Lemmer“aus. Gemeint ist Ex-Neonazi Torsten Lemmer, der ebenfalls in den Rat einzog und wie die anderen kleinen Parteien vermutlich bald in einer Reihe mit dem Die-ParteiDuo sitzen wird. Schulte sagt dazu: „In der Schule konnte man sich auch nicht immer aussuchen, neben wem man sitzt.“
Eins steht somit fest: Für den neuen Rat werden es mit Die Partei interessante Zeiten.
Hendrik Gaasterland