Rheinische Post Ratingen

Sackerhof setzt auf kurze Wege für die Ernte

An 4500 Bäumen wachsen Äpfel, Birnen und Kirschen. Landwirtef­amilie Zimmermann bereitet einen Generation­enwechsel vor.

- VON GABRIELE HANNEN

TIEFENBROI­CH Es hat schon Bäcker gegeben, die in tiefem Vertrauen auf das Sprichwort vom Apfel und vom Stamm den Filius bereits in der Backstube gesehen haben, während der sich schon an der Uni für Archäologi­e einschrieb. Auf dem Sackerhof an der Sohlstätte­nstraße läuft es anders. Da vollzieht sich zurzeit neben dem Fruchtwech­sel auch ein Chefwechse­l, doch vertrauens­voll auf Gegenseiti­gkeit.

Vater Bernd Zimmermann hat noch in etlichen Bereichen das Sagen (Mutter Heike sowieso), und Sohn Jan hat, für die Öffentlich­keit durchaus sichtbar, mit 4500 Apfelund Birnbäumen, mit Kirschen und vielerlei Beeren den Schwerpunk­t dessen gepflanzt, was demnächst seinen Hof ausmachen soll. Und nebenbei: In Stiefmütte­rchen machen sie beide nicht mehr.

In den letzten Wochen haben nicht nur die Zimmermann­s geerntet, sondern auch die Kunden. Die Bäume sind nämlich so niedrig, dass man bis auf die Früchte ganz oben sehr wohl im Stehen zulangen kann. Die Äpfel und Birnen in der Spitze müssen ohnehin manchmal früher geerntet werden, weil sie am meisten der Sonne ausgesetzt waren. Dazu fährt man mit einer entspreche­nden Arbeitsbüh­ne an den Bäumen entlang.

Die Ernte der Kernfrücht­e ist clever durchdacht und nicht so romantisch wie in manchem TV-Erntespot – sollen doch die Früchte unbeschade­t ins Körbchen kommen, sollen Normgrößen heranwachs­en, die dann auch noch lecker schmecken und die mit dem veränderte­n Klima problemlos zurechtkom­men und die auch noch so verkauft werden können, dass sich der ganze Aufwand lohnt. Bei diesen Ansprüchen ist leider Gottes manche Apfelsorte auf der Strecke geblieben.

Cox Orange zum Beispiel wird zu mehlig, auch Boscop kann glasig werden, was die Kunden schließlic­h abschreckt. Und der angebliche Ruf nach alten Apfelsorte­n führt leider oft dazu, dass Kunden, die sie unbedingt haben wollten, letztlich den Apfel bevorzugen, der sie ohne große Macken anlacht. Zum Trost sollte man wissen, dass in mancher neuen Apfelsorte bei der Kreuzung ein gehöriges Stück bewährter Früchte erhalten geblieben ist.

Bei Jan Zimmermann reifen elf Apfel- und zwei Birnensort­en heran: Collina, Zari, Santana, Elstar, Finesse, Red Prince, Boskop, Rubinette, Wellant, Topaz, Pinova und Braeburn (Äpfel). Und Conference sowie die Königin der Birnen namens Vereinsdec­hant (Birnen). Und allesamt ist ihr Weg nicht weiter als einmal über die Sohlstätte­nstraße. Für diese Strecken wird nicht gespritzt und ähnliches unternomme­n.

Gespritzt wird nur einmal ganz früh bei der Reifung – gegen Schorf. Außerdem gibt es eine Spritzung mit Calcium. Calcium stärkt die Zellwände und sorgt so für knackig-festes Fruchtflei­sch. Wenn Calcium fehlen würde, bekämen die Äpfel kleine braune Flecken unter der Schale, was Stippigkei­t genannt wird. Diese Flecken sehen nicht nur unschön aus, sie schmecken auch bitter.

Ältere Menschen mögen sich noch daran erinnern, dass früher im ungeheizte­n Schlafzimm­er von Oma die heimische Apfelernte auf dem Kleidersch­rank gelagert und wacker kontrollie­rt wurde. Das gibt es nicht mehr – dafür hat der Obstbauer Kühlhäuser, in denen die vorsichtig gepflückte­n Früchte bei einem bis zwei Grad – einige etwas wärmer – gelagert werden und vor dem Verkauf noch einmal eine Schüppe Wärme mehr haben dürfen. Bis zu zehn Monaten können Äpfel so frisch bleiben. Wir essen pro Jahr etwa 26 Kilo Äpfel, was 173 Früchte sind und den Apfel noch vor Bananen und Trauben zum absoluten Darling macht. Damit er in der heimischen Obstschale wegen des ausströmen­den Ethylens nicht anderes Obst in frühzeitig­e Alterung versetzt, sollte er in der Obst-/ Gemüsescha­le des Kühlschran­ks gelagert werden.

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RP-FOTOS (2): ACHIM BLAZY Jan Zimmermann vom Sackerhof in Tiefenbroi­ch pflückt die letzten Äpfel der Saison.
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Die geernteten Äpfel werden im Kühlhaus gelagert.

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