Aufbruch-Signale für mehr Klimaschutz
Der Rat gab das Ziel vor: Klimaneutralität bis 2030. Erste Schritte auf dem Weg dahin sind getan. Ein Ausblick.
HEILIGENHAUS Der offizielle Klimanotstand ist im Rathaus im letzten Jahr zwar nicht ausgerufen worden, doch der Heiligenhauser Rat einigte sich im Juli 2019 trotzdem einstimmig auf ein ambitioniertes Ziel: „Die Stadt Heiligenhaus strebt an, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 in allen beeinflussbaren Bereichen (vorrangig Energie-und Wärmeversorgung, Verkehr) auf möglichst nahe null Tonnen pro Einwohner und Jahr zu reduzieren.“
Damit will das niederbergische Heiligenhaus das Ziel der Bundesregierung, die Treibhausgasneutralität bis 2050, sogar noch 20 Jahre früher erreichen - und das Rathaus möchte zum Vorbild werden. Klimaschutzkonzepte
seien dabei gar nicht neu, weiß der technische Beigeordnete Andreas Sauerwein, aber für weiche Maßnahmen wie früher habe man keine Zeit mehr. „Wir sind 30 Jahre zu spät. Umweltschutz war schon zu meinen Schulzeiten Thema. Vielleicht brauchte es wirklich ein Mädchen aus Schweden, das den Anstoß gibt.“
Bürgerwald, erneuerbare Energien, ökologische Betriebskostensenkungen, Digitales Rathaus, sind nur ein Bruchteil von etwa von 50 geplanten Maßnahmen, die mit frischen Konzepten Klimaneutralität in die Stadt bringen sollen. Dafür haben sich die Heiligenhauser Hilfe von der Berateragentur „Weitsicht“geholt, eine Fokusberatung, die vom Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert wird.
„Beim Thema Klimaschutz wächst der öffentliche Druck“, sagt Weitsicht-Wegebegleiterin Sarah Göttlicher mit Blick auf schmelzenden Permafrost, abgeholzte Regenwälder und eben auch Dürreperioden und Starkwetter-Ereignisse, die auch in hiesigen Breitengraden deutlich zu spüren sind. Seit Herbst letzten Jahres berät sie mit den Heiligenhausern und hat eine ambitionierte Stadtverwaltung angetroffen. In der ersten Phase der Fokusberatungen habe man sich gemeinsam den Status Quo angeschaut und bei einem Kick-Off-Treffen mit Beteiligten erste Ideen zusammengetragen“, berichtet Göttlicher. In dem in der zweiten Phase seit Mai (eigentlich geplant für März) habe man dann Ziele gesetzt und Strategien für vier Fokusbereiche entwickelt: Verwaltung als Vorbild, Stadtplanung und Anpassung, Energieerzeugung und Energieeffizienz, erklärt die Diplom-Geographin. Keiner dieser Bereiche ist isoliert zu betrachten, sondern hochkomplex, ebenso wie ein geplantes Mobilitätskonzept, bei dem eine Abkehr vom motorisierten Individualverkehr schon Einzelhandelsbedingt nicht zu erwarten sei.
Konkret ist beispielsweise bereits die Planung für ein Biomasseheizkraftwerk im Innovationspark. „Da suchen wir gerade den richtigen Standort“, sagt Sauerwein. Klimaschutz im ganzen Stadtgebiet sei allerdings ein hochkomplexes Thema, das viele Bereiche betreffe, weiß der technische Beigeordnete, vor allem natürlich seinen. Auch die Ziele seien ambitioniert, die Zielsetzung jedoch notwendig. „Natur vor Bauen. Wie können wir zum Beispiel das Bauen auf der grünen Wiese vermeiden und Flächenleerstände nutzen?“
Ihm sei klar, das rein haushalterisches Denken gerade für Klima- und Umweltschutz nicht funktioniere. „Es geht um Maßnahmen, die sich in 100 Jahre nicht rechnen werden. Aber allein die letzten drei Sommer zeigen die Ernsthaftigkeit, die bei jedem angekommen sein müsste. Trotzdem können wir im Rathaus können nur Vorbild sein und vorangehen, wir müssen hoffen, dass die Bürger und die Unternehmen uns folgen.“