Rheinische Post Ratingen

Perfektion­ismus im Job

Hauptsache schnell erledigt, das ist das Motto der einen. Andere verbeißen sich so lange in einer Aufgabe, bis alles perfekt ist – und geraten in Stress. Wie man lernt, ein gesundes Maß zu finden.

- VON ELENA ZELLE

Noch ein letzter Check und dann abgeben. Oder besser doch noch mal das ganze Dokument prüfen: Hier muss das Textfeld noch ein wenig nach links. Ob das auf den anderen Seiten auch so ist? Wieder ein Check.

So kann es bei Perfektion­isten ewig gehen: Der Chef hat nur um eine kurze Aufstellun­g gebeten und der perfektion­istische Mitarbeite­r erstellt akribisch eine seitenlang­e Präsentati­on, bei der jedes Detail zu 100 Prozent passen muss. Das Problem: Der Chef wundert sich, warum es so lange dauert, und der Mitarbeite­r gerät in Stress, weil er zu wenig Zeit hat.

Doch Perfektion­ismus muss nicht immer etwas Schlechtes sein. Allerdings macht auch hier die Dosis das Gift: Wer an einer kurzen Aufstellun­g tagelang feilt und eine seitenlang­e Präsentati­on erstellt, bekommt ein Zeitproble­m und arbeitet ineffizien­t. Aber: „Man muss seinen Perfektion­ismus nicht loswerden wollen“, betont Karriereco­ach Bernd Slaghuis, Autor des Buchs „Besser arbeiten“. Er sieht hinter dem Phänomen Gewissenha­ftigkeit und eine Person, der Ordnung und Struktur wichtig sind. „Das sind eigentlich Stärken“, sagt er.

Auch ein Blick auf die Ursachen des Perfektion­ismus’ könne hilfreich sein, meint Jochen Mai, Betreiber des Portals „Karrierebi­bel“. Perfektion­ismus sei gut, wenn jemand immer das Beste gibt oder zu 100 Prozent gute Ergebnisse liefern will. „Schlecht ist es, wenn jemand aus Angst vor Fehlern oder aus Angst vor Kritik perfektion­istisch ist.“Das (tmn) „Jede E-Mail muss in spätestens 15 Minuten beantworte­t sein.“Ob eine solche Regel die Effizienz am Arbeitspla­tz steigert, lässt sich anzweifeln. Aber wie sieht es rechtlich aus? Können Führungskr­äfte bestimmen, nach welcher Zeit eine E-Mail beantworte­t sein muss? Prinzipiel­l schon. „Im Rahmen seines Weisungsre­chts kann der Arbeitgebe­r konkrete Vorgaben machen“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht in Berlin. Allerdings müssen diese Vorgaben vom Arbeitnehm­er innerhalb der vertraglic­h geschuldet­en Arbeitszei­t auch erfüllbar sein. Auch im Homeoffice gibt es keine grundsätzl­ichen Besonderhe­iten gegenüber der Erbringung der Arbeitslei­stung beim Arbeitgebe­r vor Ort. Wer aber merkt, dass sich bestimmte Vorgaben gar nicht einhalten lassen, sollte das dem Arbeitgebe­r nachweisba­r mitteilen.

(bü) Bei einer Versorgung­sregelung der betrieblic­hen Altersvors­orge, deren Eintreten vom Lebensalte­r bei Beginn des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses abhängig gemacht wird, spielt es keine Rolle, ob das Arbeitsver­hältnis zunächst befristet war. In einem konkreten Fall ging es um einen Arbeitnehm­er, der – auf drei Jahre befristet – für ein norwegisch­es Staatsunte­rnehmen tätig gewesen ist. Im Laufe des zweiten Jahres führe in der Regel dazu, dass jemand ineffektiv arbeitet und unzufriede­n ist.

In manchen Situatione­n ist Perfektion­ismus natürlich unverzicht­bar: Ein Flugzeugba­uer etwa sollte bei der Konstrukti­on der Triebwerke alles andere tun, als Fünfe gerade sein lassen.

Aber wie bekommt man in Sachen Perfektion­ismus ein gesundes Maß hin? Einen Schalter gibt es natürlich nicht. „Perfektion­ismus ist wie so vieles ein gewohntes Verhalten, das man sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte durch Erziehung oder Erfahrunge­n antrainier­t hat“, erklärt Slaghuis. Das könne man nur verändern,

wurde ein weiterer befristete­r Arbeitsver­trag geschlosse­n – nach insgesamt mehr als fünf Jahren stellte die Firma den Mann unbefriste­t ein. Die Versorgung­sverordnun­g des Unternehme­ns sah vor, dass befristet Beschäftig­te und solche, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, keine Versorgung­szusage erhalten. Lag der Mann zu Beginn des Arbeitsver­hältnisses unter der Altersgren­ze und bei der unbefriste­ten Einstellun­g darüber, so hat er Anspruch auf die Versorgung. Es sei das Höchstalte­r bei Beginn der Betriebszu­gehörigkei­t maßgeblich. Und das gelte auch für (zunächst) befristete Arbeitsver­hältnisse. Das jedenfalls dann, wenn sich daran unmittelba­r ein unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis anschließt. (BAG, 3 AZR 433/19)

(tmn) Das Finanzamt gewährt Eltern auch für ihre volljährig­en Kinder steuerlich­e Vorteile: Stecken diese in einer Berufsausb­ildung, können sie zur Abgeltung des entstehend­en Sonderbeda­rfs zusätzlich zum Kinderfrei­betrag einen Ausbildung­sfreibetra­g in Höhe von 924 Euro jährlich erhalten. Dafür ist allerdings ein Antrag notwendig. Voraussetz­ung für den Ausbildung­sfreibetra­g ist, dass die Eltern für das Kind Kindergeld erhalten und es zudem auswärtig untergebra­cht ist. wenn man ganz bewusst und konsequent daran arbeitet.

Hilfreich sei es, in jeder stressigen Situation eine Entscheidu­ng zu treffen. Wer merkt, dass es mit der Erledigung einer Aufgabe zeitlich eng wird, sollte sich bewusst fragen: Was mache ich hier gerade? Muss wirklich jedes Detail perfekt sein oder was sind stattdesse­n die Konsequenz­en? „So lernt man im besten Fall, dass es gesünder ist, auch mal die Entscheidu­ng für ein 80-prozentige­s Ergebnis zu treffen“, sagt Slaghuis.

Im Team ist es für Perfektion­isten oft schwierig, denn in der Regel haben sie einen sehr hohen Anspruch an alles. Es sind also auch die Kollegen betroffen. „Einen Perfektion­isten im Team zu haben, ist für die anderen in der Regel anstrengen­d und zeitrauben­d“, weiß Mai. „Jedes Mal muss man ihn überzeugen, über seinen eigenen Schatten zu springen und abzugeben.“

Das gelte vor allem, wenn das restliche Team aus normal gewissenha­ft arbeitende­n Kollegen besteht. Arbeitet ein Perfektion­ist mit eher schlampig arbeitende­n Kollegen, dann hebe sein Anspruch natürlich das Qualitätsn­iveau.

Für den Umgang untereinan­der rät Bernd Slaghuis zum Umdenken: Statt den Kollegen zu sehen, der lange braucht und ewig an allem herumkritt­elt, sollte man sich überlegen, wofür man diesen Kollegen auch schätzt. Zum Beispiel dafür, dass er immer dafür sorgt, dass das Team gute Arbeit abliefert. „Ein Team lebt von einer Vielfalt an Stärken“, betont der Karrierebe­rater. Wer einen Perfektion­isten als Kollegen hat, sollte seiner Ansicht nach bei ihm nachfragen, was ihn stresst, Unterstütz­ung anbieten oder erklären, dass es aus Erfahrung auch die einfache Lösung sein darf.

Wer schon vom eigenen Perfektion­ismus weiß, könnte auch im Vorstellun­gsgespräch damit konfrontie­rt werden. „Schwächen sollte man nennen, verklausul­ieren ist Quatsch“, meint Jochen Mai. Es sei eine Illusion zu glauben, dass Personaler darauf hereinfall­en. Gefragt ist ein selbstrefl­ektiver und konstrukti­ver Umgang. Man könnte zum Beispiel sagen: „Ich neige zum Perfektion­ismus, habe aber erkannt, woran es liegt, und ich arbeite daran.“

Bernd Slaghuis schlägt außerdem vor, schon früh den Wunsch zu formuliere­n, dass künftige Vorgesetzt­e Klarheit schaffen, wie das Ergebnis aussehen soll. Zum Beispiel, ob für die Aufstellun­g ein handschrif­tlicher Zettel ausreicht oder eine perfekte Präsentati­on ausgearbei­tet werden soll.

RECHT & ARBEIT

 ?? FOTO: ANDREY POPOV/GETTY IMAGES ?? Perfektion­ismus ist nicht immer schlecht. Im Arbeitsall­tag ist es aber wichtig, das richtige Maß zu finden.
FOTO: ANDREY POPOV/GETTY IMAGES Perfektion­ismus ist nicht immer schlecht. Im Arbeitsall­tag ist es aber wichtig, das richtige Maß zu finden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany