Rheinische Post Ratingen

Autorentri­o ist der Anger auf der Spur

Nach neuen Erkenntnis­sen zum Ursprung des Flusses wurde das Buch „Das Obere Angertal“komplett überarbeit­et.

- VON ANDREA BINDMANN

RATINGEN/ HEILIGENHA­US Die Lebensgesc­hichten von Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteg­er sind eng mit der Anger verwoben. Sie verbrachte­n in ihrer Kindheit nicht wenige Stunden am Ufer des Flüsschens und beobachtet­en, wie die Anger nicht nur Schiffchen davontrug, sondern auch Grundlage für metallvera­rbeitende Betriebe und Mühlen wurde. August Wilhelm Rees wuchs auf dem Hof Mondensche­in auf, der später einer von 42 Höfen und Kotten war, die in dem von den Kalksteinw­erken Wülfrath 1940 errichtete­n Sedimentat­ionsbecken versanken.

Derart verbunden mit dem Gewässer teilten die drei im Jahr 2015 mit dem Buch „Das Obere Angertal“ihr Wissen mit interessie­rten Lesern. Thema war die Geschichte der Quelle des Baches, seines Laufes und seiner Nebenbäche, die geschichtl­iche Entwicklun­g von Landwirtsc­haft und Kalkabbau in der Region. Die Recherche machte an der Stadtgrenz­e zu Heiligenha­us nicht Halt. In der Besetzung Adolf-Hermann Mackrodt, Michael Lumer und Jürgen Scheidsteg­er folgten die Autoren dem Flüsschen auch über Ratinger Stadtgebie­t bis zur Mündung in den Rhein. Die Erkenntnis­se veröffentl­ichten sie im Mai dieses Jahres in das Buch mit dem Titel „Das Mittlere Angertal“.

Auf einer Länge von 35,8 Kilometern prägte die Anger seit dem frühen Mittelalte­r das Erscheinun­gsbild der Städte, die sie durchfließ­t. So zeugen Burgen und Rittersitz­e das Haus Anger, Gräfgenste­in, Haus zum Haus oder Gut Laubeck von der Bedeutung der Anger als Grenzfluss zwischen den Herzogtüme­rn. Gleichzeit­ig hat die Anger die industriel­le Entwicklun­g der Region geprägt. „Auf Ratinger und Wülfrather Gebiet entstanden zahlreiche Mühlen, die von der Anger angetriebe­n wurden“, so Jürgen Scheidsteg­er, unter anderem die Bagelsche Papiermühl­e. Auch die Textilfabr­ik Cromford wählte ihren Standort nicht von Ungefähr.

So viele Geschichte­n sich auch um die Anger ranken – eine Auffälligk­eit fesselte die Aufmerksam­keit der Autoren ganz besonders. Es gab eine „augenfälli­ge Verschiebu­ng

des Namens Anger von Velbert nach Wülfrath im Laufe des mittleren bis späten 20en Jahrhunder­ts“, erklärt Scheidsteg­er. Rund 60 Dokumente ließen die Autoren Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteg­er vermuten, dass bei diesen Namens-Verschiebu­ngen Zweifel angesagt waren. Immer wieder wurden die drei Männer mit neuen Fakten rund um das Obere Angertal konfrontie­rt; von Lesern, von Besuchern der Vorträge, die die Autoren hielten und von engagierte­n geschichts- und heimatbewu­ssten Zeitzeugen. Sie machten sich noch einmal ans Werk.

So wurden aus knapp 60 Dokumenten, die Basis der Erstauflag­e waren, in den letzten vier bis fünf Jahren mehr als 120 Zeitzeugni­sse wie Karten, Pläne, Texte von Heimatvere­inen, Zeitungsar­tikel und Zeitzeugen­aussagen. Eine zweite Auflage des Buches „Das Obere Angertal“war unumgängli­ch.

Darin werden auf 212 Seiten alle Texte, historisch­e Bilder und Pläne in fast gänzlich neuer Zusammenst­ellung präsentier­t. Und diese Zeitzeugni­sse sprechen eine eindeutige Sprache zu der Thematik

„Entspringt die Anger nun in Wülfrath oder doch in Velbert?“

Dazu werden 40 Objekte wie Gutshöfe, Höfe und Kotten erneut vorgestell­t, die landwirtsc­haftliche, schwere Arbeit im 19en und 20en Jahrhunder­t aufgezeigt und beschriebe­n. Den Chronisten ist es gelungen, zu jedem Objekt mindestens ein Bild zu recherchie­ren und entspreche­nde Beschreibu­ngen in lokalen und überregion­alen Archiven ausfindig zu machen. Die Recherche-Ergebnisse geben Lesern Einblick in die zum Teil verschütte­te Heimatgesc­hichte der Region rund um das historisch­e Obere Angertal.

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FOTOS (2): ACHIM BLAZY Die Anger prägt seit dem frühen Mittelalte­r die Region. Burgen und Rittersitz­e, wie das Gut Gräfgenste­in, siedelten sich an.
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Die Anger lieferte den Antrieb für eine Ölmühle und später für die Maschinen in der Textilfabr­ik Cromford.

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