Vom Nutzen der Maske
DÜSSELDORF Gleich zwei Ärzte-Präsidenten (von Bundesärztekammer und Weltärztebund) rudern zurück. Das ist in diesen Zeiten keine Peinlichkeit, sondern Zeichen flexiblen Reagierens: Die Daten- und Erkenntnislage ändert sich ja wöchentlich, auch bei den Masken. Anfangs hieß es, sie böten allenfalls marginalen Schutz, sie seien zu löchrig, sie würden sowieso nur von wenigen richtig getragen. Mittlerweile gibt es mehrere Studien, die zweifelsfrei nachweisen: Eine gute Maske ist besser als eine schlechte, doch jede Maske ist besser als keine. Denn: Ein Mund-Nasen-Schutz reduziert die Zahl der Viren, die durch Tröpfchen und Aerosole in die Welt gehustet und geatmet werden. Und er reduziert auch die Zahl der Viren, die man selbst abbekommen kann. Am besten sind FFP2-Masken und medizinische Masken, die allerdings die Leistungsfähigkeit der Träger etwa bei Belastung einschränken. Die müssen häufiger Pausen machen.
Zurückgerudert ist Ärzte-Präsident Klaus Reinhardt, der bei Markus Lanz erst vom „Vermummungsgebot“sprach, eine etwas ungeschickte Formulierung, die er auf Nachfrage präzisierte. Mittlerweile haben er und weitere Kollegen aus dem Vorstand der Bundesärztekammer ein öffentliches Statement abgegeben, das an Eindeutigkeit vor allem beim Mund-Nasen-Schutz nichts zu wünschen übrig lässt. Er lautet: „Für Menschen mit erhöhtem Risiko kann das Tragen einer FFP2-Schutzmaske sehr sinnvoll sein. Wir plädieren deshalb dafür, Risikopatienten FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen. Für alle anderen Menschen gilt, dass in allen Situationen, in denen kein ausreichender Abstand gewahrt werden kann, zum Beispiel in geschlossenen Räumen oder im Öffentlichen Nahverkehr, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sinnvoll ist. Dieser ist zwar kein sicherer Schutz vor einer eigenen Infektion, hilft aber, durch eine mechanische Reduktion der Aerosol-Verbreitung andere zu schützen. Im Übrigen gilt es, die Dinge zu tun, von denen wir wissen, dass sie helfen: Abstand halten, Lüften, Händewaschen und Menschenansammlungen meiden.“SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte von Reinhardt für das Wort „Vermummungsgebot“eine Entschuldigung gefordert.
Auch Frank Ulrich Montgomery, der Präsident des Weltärztebundes, hat sich korrigiert. Noch vor Monaten hatte er es abgelehnt, einen Mund-Nasen-Schutz gegen Corona-Infektionen vorzuschreiben. Das sieht er heute anders. Im vorderen Naseneingang Proben entnommen werden, „aber das ist nun wirklich sinnlos. Dann kann man es auch bleiben lassen.“
Schipper berichtet auch von einem Mund-Nasen-Schutz, in den kupferhaltige Mikrofasern eingearbeitet sind. Diese können zwar etwas teurer sein, seien aber durch das elektrisch positiv geladene Kupfer in der Lage, die negativ geladenen Corona-Viren effektiver einzufangen als manche herkömmliche Maske. Zwei Studien bewiesen das, sagt er. Die sogenannten „smarten“Masken sind auch waschbar, allerdings in der Regel nur bis 30 Grad.
Starke Vorbehalte hat Schipper gegenüber Menschen, die beim korrekten Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nachlässig sind. „Ich finde das rücksichtslos, und ich verstehe auch, dass manche Leute darauf irritiert oder auch aggressiv reagieren. Es ist eine Sache des sozialen Miteinanders, dass wir hier aufeinander achtgeben.“Ebenso ärgert ihn, wenn jemand seinen Mund-Nasen-Schutz einfach auf dem Gehweg entsorgt: „Dafür fehlt mir jedes Verständnis.“
Eine hochwertige Maske hat allerdings den Nachteil, dass der Träger bei starker körperlicher Belastung weniger leistungsfähig ist. Das hat eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums Leipzig ergeben. Dort wurden die Vitalparameter gesunder Probanden beim Trampeln auf dem Fahrrad-Ergometer gemessen. Kardiologie-Klinikdirektor Ulrich Laufs sagt: „Die Daten zeigen, dass die sogenannte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit durch chirurgische Masken und FFP2-Masken reduziert wird. Die Masken beeinträchtigten die Atmung, vor allem das Volumen und die höchstmögliche Geschwindigkeit der Luft beim Ausatmen. Die maximal mögliche Kraft auf dem Fahrrad-Ergometer war deutlich reduziert. Und im Stoffwechsel wurde eine schnellere Ansäuerung des Blutes bei Anstrengung registriert.“
„Die Ergebnisse bestätigen das subjektive Gefühl vieler Menschen“, erklärt Professor Laufs. Doch was heißt das für die Arbeitswelt? „Da stellt sich schon die Frage, ob Menschen, die mit Maske körperlich anstrengende Arbeit leisten, öfter Pausen machen müssten.“Keinesfalls dürfe aber die Studie für eine Kritik an der Maskenpflicht missbraucht werden, betont Laufs, denn der Mund-Nasen-Schutz sei wertvoll, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern oder zu verlangsamen.
Übrigens nicht nur das. Als in Deutschland im Frühjahr die Masken und die Abstandsregeln verpflichtend wurden, endete auch die Influenza-Welle sofort.