Die Wünsche an die neue Stadtregierung
Stephan Keller hat heute seinen ersten regulären Arbeitstag als neuer Düsseldorfer Oberbürgermeister.
DÜSSELDORF Heute tritt Stephan Keller sein Amt als neuer Oberbürgermeister an. Mit welcher Ratsmehrheit er die Stadt regiert, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass die neuen Entscheider vor großen Herausforderungen stehen. Die Verkehrswende ist zu meistern, Wohnungspolitik und Stadtentwicklung sind weitere Top-Themen der Düsseldorfer Politik, die wegen der Corona-Krise in den kommenden Jahren weniger finanziellen Spielraum hat. Wir haben wichtige Player in der Stadt gefragt, was ihre Erwartungen an die neue Stadtregierung sind.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) drängt darauf, dass ein Dezernat für Wirtschaftsförderung und Verkehr eingerichtet wird. Die Forderung besteht schon lange, OB Keller hat Zustimmung signalisiert. Die Kammer betont, dass die Entwicklung der Innenstadt auch unter Pandemie-Bedingungen vorangetrieben werden solle, bereits vorhandene Ideen wie der Rheinboulevard sollen weiterentwickelt werden. Die IHK pocht darauf, dass Gewerbeund Industriestandorte weiterhin gesichert werden. Das sieht auch der DGB so.
Ähnlich argumentiert die Handwerkskammer. Investoren, die in den vergangenen Jahren einseitig auf Wohnungsbauprojekte gesetzt hätten, dürften nicht die heimlichen Bauleitplaner werden. „Unsere Vision: Düsseldorf als Stadt der kurzen Wege und lebendigen Stadtviertel neu definieren und positionieren.“
Die kommunalen Unternehmen sollen sich, wenn es nach der Handwerkskammer geht, auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben konzentrieren. Die Stadt müsse darauf achten, dass ihre „Töchter“nicht den privatwirtschaftlichen Wettbewerb
– zum Beispiel in der Elektromobilität – behindern oder unterbinden. Ein Seitenhieb gegen die Stadtwerke, die mit dem Eddy und dem Clevershuttle attraktive Angebote etabliert haben.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Düsseldorf betont, Aspekte für eine gute, soziale Infrastruktur bestünden auch in der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und einem Azubi- Wohnheim. Öffentliche Aufträge sollten nur an Unternehmen vergeben werden, die Tariflöhne zahlen und den gesetzlichen Mindestlohn einhalten.
Das Wohnen Klaus Franken ist Catella-Chef und Vorsitzender der Gesellschaft für Wohnungsmarktdaten. Er fordert von der neuen Stadtregierung, dass vor Änderungen am Handlungskonzept Wohnen der Dialog wieder stärker geführt werden solle. „Negative Markteffekte werden wir nur gemeinsam bekämpfen können.“Diskutiert werden sollten jetzt zwei Fragen: Wie bleibt Düsseldorf attraktiv angesichts des Wandels des Einzelhandels und der hohen Wohnkosten – warum sollen sich in Zukunft Menschen für Düsseldorf begeistern? Und: Neben den Wohnkosten belasten die Mobilitätskosten die Menschen. „An beiden Stellschrauben muss gearbeitet werden.“
Der Verkehr Beim Großthema der kommenden Jahre gibt es weitreichende Forderungen nach einem integrierten System. Die IHK will den Öffentlichen Nahverkehr unter Berücksichtigung des motorisierten Individualverkehrs stärken. Maßnahmen: Mobilitätsstationen einrichten, Park & Ride sowie Bike&Ride ausbauen; Umweltspuren aussetzen, bis adäquate Alternativen existieren. „Das aber kann nur in Zusammenarbeit mit den angrenzenden Kommunen und Kreisen gelingen.“Handwerkskammer und DGB argumentieren ähnlich.
Andere Schwerpunkte setzen der BUND Düsseldorf, der eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs um 25 Prozent zur Erreichung der Düsseldorfer Klimaziele verlangt, und der ADFC. Die Rad-Lobbyisten fordern von Keller und dem neuen Rat eine Offensive für sicheren und guten Fahrradverkehr. „Radfahrende und zu Fuß Gehende dürfen in der Stadt nicht länger an den Rand gedrängt werden.“Das Radhauptnetz müsse bis 2025 vollendet sein. Rund 270 Kilometer fehlen. Der ADFC fordert ein Sofortprogramm zur Beseitigung von Mängeln und Gefahrenstellen, auch gehöre das Parken auf Bürgersteigen und Radwegen konsequent sanktioniert.
Das Soziale Die Wohlfahrtsverbände sind in der Liga Wohlfahrt zusammengeschlossen. Sprecher Henric Peeters (Caritas) setzt darauf, dass es keine Kürzungen wegen der Corona-Krise gibt und auf entsprechende Signale Verlass ist. Er spricht ebenfalls das Thema Subsidiariät an, die Verbände könnten mehr Aufgaben übernehmen. Sie seien mehr als nur soziale Dienstleister, sondern engagierte Mitgestalter einer sozialen Stadtgesellschaft. „Wir schaffen es, dass Düsseldorf, auch in dieser schweren Zeit, eine soziale Stadt bleibt – aber nur gemeinsam.“
Die Planung Der Bund Deutscher Architekten fordert die Einrichtung eines Gestaltungsbeirates für Düsseldorf. Die Dauer der Baugenehmigungsverfahren müsse verkürzt werden. Gerechtere Wettbewerbsverfahren mit Teilnahme-Möglichkeiten für kleine und junge Architekturbüros stehen ebenfalls auf dem Wunschzettel. Und: Das Stadtentwicklungskonzept Raumwerk D solle zu einem handhabbaren und schlüssigen Entscheidungswerkzeug entwickelt werden.
Natur und Umwelt Der Bund für Umwelt und Naturschutz fordert den maximalen Hochwasserschutz für ganz Düsseldorf durch Rückverlegung des Himmelgeister Deichs. Und: Die Schaffung zusätzlicher Grünflächen zur Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt insbesondere in Hitzesommern sei notwendig.