Abschied von der Altstadt
Am Wochenende wurde vor dem vierwöchigen Lockdown noch einmal kräftig gefeiert. Auch der OSD hatte reichlich zu tun.
ALTSTADT Den ganzen November über wird der Besuch in der Hausbrauerei oder das Abendessen im Stammlokal nicht möglich sein: Zahlreiche Düsseldorfer zieht es deshalb am Wochenende vor dem Lockdown noch einmal in die Altstadt. Viele tanzen am Samstagabend im Partyviertel der Stadt auf der Straße und feiern Halloween – viele aber so sorglos, dass auch der städtische Ordnungs- und Servicedienst (OSD) viel zu tun bekommt.
„Wir wollten noch einmal unser Wohnzimmer besuchen, bevor es vier Wochen lang nicht mehr möglich ist“, sagt Ex-Karnevalsprinz Martin Meyer, der an diesem Samstag in der Altstadt unterwegs ist. „Wir wollten unseren Lieblingsgastronomen zeigen, dass wir sie lieb haben und auch in den nächsten vier Wochen nicht vergessen werden.“Auch Marie Schröder und ihre drei Freundinnen lassen sich die Feierlaune vom Schmuddelwetter mit Nieselregen nicht vermiesen. „Wir wollen noch einmal unsere Freiheit genießen, bevor es für einen Monat in Einzelhaft geht“, meint die 25-Jährige. Ganz sorglos ist die Gruppe aber nicht: „Wir möchten zwar noch durch ein paar Kneipen ziehen, wollen aber trotz des Wetters draußen bleiben. Viele Kneipen haben ja Markisen, unter denen man im Trockenen steht.“
Die Kneipen sind gut gefüllt, einige sind wegen Halloween mit Spinnweben und Totenköpfen geschmückt, das Bier fließt reichlich.
„Wir haben Verständnis dafür, dass man die Anzahl der unkontrollierten Kontakte zu verringern versucht, aber indem man die Gastronomie schließt, trifft man die Falschen“, meint Michaela, die mit 25 Mitgliedern des „Fortuna Fan Clubs Mallorca“unterwegs ist. Sie habe Vertrauen in die Hygienekonzepte der Gastronomie: „Die Schließung von Kneipen fördert doch eher das unkontrollierte Saufen im privaten Bereich.“
Birgit Mayer vom Ohme Jupp hat den großen Ansturm vor der temporären Kneipenschließung erwartet. „Wir haben ein sehr persönliches Verhältnis zu den Gästen. Man kennt sich“, sagt sie. Dem Ohme Jupp zuliebe seien viele noch einmal gekommen: „Aber es war eher eine Stimmung wie am Abschlussabend eines Schullandheimaufenthalts. Ausgelassen gefeiert hat keiner.“Sie hofft, dass die staatlichen Hilfen für die Gastronomie auch wirklich fließen. „Den ersten Lockdown konnten wir noch abpuffern. Das geht jetzt nicht mehr.“
Auf der Ratinger Straße ist es am Samstagabend vergleichsweise entspannt, anders sieht es auf der Bolkerstraße aus. Dort ist es so voll, dass man sich nur aneinander vorbei drängeln kann, zumal viele offenbar lieber draußen feiern wollen. Maske trägt dabei höchstens jeder Zweite. Reichlich Arbeit für den OSD, dessen Mitarbeiter das immer wieder freundlich, aber bestimmt anmahnen: „Und wenn Sie rauchen wollen, dann stellen Sie sich bitte an die Seite“, fordern sie die Feiernden auf. Geldbußen verhängen sie auch an diesem Abend kaum – wer sich nach der Ermahnung einsichtig zeigt, kommt meist davon.
Zwischendurch kommt ein Einsatz an der Liefergasse dazwischen: In einem Club findet eine verbotene Party statt, großer Bahnhof mit Live-Musik, zu viele Gäste mit zu wenig Abstand, eine lückenhafte Kontaktliste. Als die OSD-Streife vor Ort ist, sind viele Gäste schon durch den Notausgang geflüchtet, die anderen geben sich beleidigt. „So etwas macht man nicht“, pöbelt ein Gast, „wo ist denn bitte das Problem?“Die ertappte Wirtin rennt nervös umher, ihre Maske trägt sie unter dem Kinn. Die OSD-Leute sichten Ausweise, reden beruhigend auf die Gäste ein, die schließlich nach und nach gehen dürfen. Danach wird der Club versiegelt.
Als nächstes ermahnt die Streife an der Ratinger Straße eine Gruppe, die zu eng um einen Stehtisch steht. Gerade kommt ohnehin der Wirt und drängt zum Austrinken: Die Sperrstunde naht. An der Bolkerstraße schließt ein Wirt pünktlich seine leere Kneipe ab und winkt demonstrativ von innen. Einige Altstadt-Besucher gehen langsam zur Bahn, andere stehen mit ihren Getränken nun eben vor geschlossenen Türen. So schnell geht der Abend nicht vorbei.